lichen Manns beginnt die Epoche vieler ver¬ derblichen Misbräuche.
Aber alle diese späteren und früheren Ge¬ brechen entsprangen aus der ersten, einzigen Quelle, aus der geringen Personenzahl. Ver¬ ordnet war, daß die Beysitzer in einer ent¬ schiedenen Folge und nach bestimmter Ordnung vortragen sollten. Ein Jeder konnte wissen, wann die Reihe ihn treffen werde, und wel¬ chen seiner ihm obliegenden Processe; er konn¬ te darauf hinarbeiten, er konnte sich vorberei¬ ten. Nun häuften sich aber die unseligen Re¬ ste; man mußte sich entschließen, wichtigere Rechtshändel auszuheben und außer der Reihe vorzutragen. Die Beurtheilung der Wichtig¬ keit einer Sache vor der andern ist, bey dem Zudrang von bedeutenden Fällen, schwer, und die Auswahl läßt schon Gunst zu; aber nun trat noch ein anderer bedenklicher Fall ein. Der Referent quälte sich und das Gericht mit einem schweren verwickelten Handel, und zu¬
lichen Manns beginnt die Epoche vieler ver¬ derblichen Misbraͤuche.
Aber alle dieſe ſpaͤteren und fruͤheren Ge¬ brechen entſprangen aus der erſten, einzigen Quelle, aus der geringen Perſonenzahl. Ver¬ ordnet war, daß die Beyſitzer in einer ent¬ ſchiedenen Folge und nach beſtimmter Ordnung vortragen ſollten. Ein Jeder konnte wiſſen, wann die Reihe ihn treffen werde, und wel¬ chen ſeiner ihm obliegenden Proceſſe; er konn¬ te darauf hinarbeiten, er konnte ſich vorberei¬ ten. Nun haͤuften ſich aber die unſeligen Re¬ ſte; man mußte ſich entſchließen, wichtigere Rechtshaͤndel auszuheben und außer der Reihe vorzutragen. Die Beurtheilung der Wichtig¬ keit einer Sache vor der andern iſt, bey dem Zudrang von bedeutenden Faͤllen, ſchwer, und die Auswahl laͤßt ſchon Gunſt zu; aber nun trat noch ein anderer bedenklicher Fall ein. Der Referent quaͤlte ſich und das Gericht mit einem ſchweren verwickelten Handel, und zu¬
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[200/0208]
lichen Manns beginnt die Epoche vieler ver¬
derblichen Misbraͤuche.
Aber alle dieſe ſpaͤteren und fruͤheren Ge¬
brechen entſprangen aus der erſten, einzigen
Quelle, aus der geringen Perſonenzahl. Ver¬
ordnet war, daß die Beyſitzer in einer ent¬
ſchiedenen Folge und nach beſtimmter Ordnung
vortragen ſollten. Ein Jeder konnte wiſſen,
wann die Reihe ihn treffen werde, und wel¬
chen ſeiner ihm obliegenden Proceſſe; er konn¬
te darauf hinarbeiten, er konnte ſich vorberei¬
ten. Nun haͤuften ſich aber die unſeligen Re¬
ſte; man mußte ſich entſchließen, wichtigere
Rechtshaͤndel auszuheben und außer der Reihe
vorzutragen. Die Beurtheilung der Wichtig¬
keit einer Sache vor der andern iſt, bey dem
Zudrang von bedeutenden Faͤllen, ſchwer, und
die Auswahl laͤßt ſchon Gunſt zu; aber nun
trat noch ein anderer bedenklicher Fall ein.
Der Referent quaͤlte ſich und das Gericht mit
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/208>, abgerufen am 23.11.2024.
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