bräuche selbst aufgeregt, genährt und zur Sit¬ te geworden. Dem Kaiser so wie den mäch¬ tigern Ständen waren die Plackereyen höchst verdrießlich, wodurch die kleinen einander selbst, und wenn sie sich verbanden, auch den grö¬ ßern lästig wurden. Gelähmt war alle Kraft nach außen, wie die Ordnung nach innen ge¬ stört; überdieß lastete noch das Vehmgericht auf einem großen Theile des Vaterlands, von dessen Schrecknissen man sich einen Begriff machen kann, wenn man denkt, daß es in eine geheime Polizey ausartete, die sogar zu¬ letzt in die Hände von Privatleuten gelangte.
Diesen Unbilden einigermaßen zu steuern, ward vieles umsonst versucht, bis endlich die Stände ein Gericht aus eignen Mitteln drin¬ gend in Vorschlag brachten. Dieser, so wohl gemeynt er auch seyn mochte, deutete doch immer auf Erweiterung der ständischen Be¬ fugnisse, auf eine Beschränkung der kaiserli¬ chen Macht. Unter Friedrich dem dritten ver¬
braͤuche ſelbſt aufgeregt, genaͤhrt und zur Sit¬ te geworden. Dem Kaiſer ſo wie den maͤch¬ tigern Staͤnden waren die Plackereyen hoͤchſt verdrießlich, wodurch die kleinen einander ſelbſt, und wenn ſie ſich verbanden, auch den groͤ¬ ßern laͤſtig wurden. Gelaͤhmt war alle Kraft nach außen, wie die Ordnung nach innen ge¬ ſtoͤrt; uͤberdieß laſtete noch das Vehmgericht auf einem großen Theile des Vaterlands, von deſſen Schreckniſſen man ſich einen Begriff machen kann, wenn man denkt, daß es in eine geheime Polizey ausartete, die ſogar zu¬ letzt in die Haͤnde von Privatleuten gelangte.
Dieſen Unbilden einigermaßen zu ſteuern, ward vieles umſonſt verſucht, bis endlich die Staͤnde ein Gericht aus eignen Mitteln drin¬ gend in Vorſchlag brachten. Dieſer, ſo wohl gemeynt er auch ſeyn mochte, deutete doch immer auf Erweiterung der ſtaͤndiſchen Be¬ fugniſſe, auf eine Beſchraͤnkung der kaiſerli¬ chen Macht. Unter Friedrich dem dritten ver¬
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braͤuche ſelbſt aufgeregt, genaͤhrt und zur Sit¬
te geworden. Dem Kaiſer ſo wie den maͤch¬
tigern Staͤnden waren die Plackereyen hoͤchſt
verdrießlich, wodurch die kleinen einander ſelbſt,
und wenn ſie ſich verbanden, auch den groͤ¬
ßern laͤſtig wurden. Gelaͤhmt war alle Kraft
nach außen, wie die Ordnung nach innen ge¬
ſtoͤrt; uͤberdieß laſtete noch das Vehmgericht
auf einem großen Theile des Vaterlands, von
deſſen Schreckniſſen man ſich einen Begriff
machen kann, wenn man denkt, daß es in
eine geheime Polizey ausartete, die ſogar zu¬
letzt in die Haͤnde von Privatleuten gelangte.
Dieſen Unbilden einigermaßen zu ſteuern,
ward vieles umſonſt verſucht, bis endlich die
Staͤnde ein Gericht aus eignen Mitteln drin¬
gend in Vorſchlag brachten. Dieſer, ſo wohl
gemeynt er auch ſeyn mochte, deutete doch
immer auf Erweiterung der ſtaͤndiſchen Be¬
fugniſſe, auf eine Beſchraͤnkung der kaiſerli¬
chen Macht. Unter Friedrich dem dritten ver¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/198>, abgerufen am 27.11.2024.
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