Wie man aber Verletzungen und Krank¬ heiten in der Jugend rasch überwindet, weil ein gesundes System des organischen Lebens für ein krankes einstehen und ihm Zeit lassen kann auch wieder zu gesunden, so traten kör¬ perliche Uebungen glücklicher Weise, bey man¬ cher günstigen Gelegenheit, gar vortheilhaft hervor, und ich ward zu frischem Ermannen, zu neuen Lebensfreuden und Genüssen vielfäl¬ tig aufgeregt. Das Reiten verdrängte nach und nach jene schlendernden, melancholischen, beschwerlichen und doch langsamen und zweck¬ losen Fußwanderungen; man kam schneller, lustiger und bequemer zum Zweck. Die jün¬ gern Gesellen führten das Fechten wieder ein; besonders aber that sich, bey eintretendem Win¬ ter, eine neue Welt vor uns auf, indem ich mich zum Schlittschuhfahren, welches ich nie versucht hatte, rasch entschloß, und es in kur¬ zer Zeit, durch Uebung, Nachdenken und Be¬ harrlichkeit, so weit brachte, als nöthig ist,
Wie man aber Verletzungen und Krank¬ heiten in der Jugend raſch uͤberwindet, weil ein geſundes Syſtem des organiſchen Lebens fuͤr ein krankes einſtehen und ihm Zeit laſſen kann auch wieder zu geſunden, ſo traten koͤr¬ perliche Uebungen gluͤcklicher Weiſe, bey man¬ cher guͤnſtigen Gelegenheit, gar vortheilhaft hervor, und ich ward zu friſchem Ermannen, zu neuen Lebensfreuden und Genuͤſſen vielfaͤl¬ tig aufgeregt. Das Reiten verdraͤngte nach und nach jene ſchlendernden, melancholiſchen, beſchwerlichen und doch langſamen und zweck¬ loſen Fußwanderungen; man kam ſchneller, luſtiger und bequemer zum Zweck. Die juͤn¬ gern Geſellen fuͤhrten das Fechten wieder ein; beſonders aber that ſich, bey eintretendem Win¬ ter, eine neue Welt vor uns auf, indem ich mich zum Schlittſchuhfahren, welches ich nie verſucht hatte, raſch entſchloß, und es in kur¬ zer Zeit, durch Uebung, Nachdenken und Be¬ harrlichkeit, ſo weit brachte, als noͤthig iſt,
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0191"n="183"/><p>Wie man aber Verletzungen und Krank¬<lb/>
heiten in der Jugend raſch uͤberwindet, weil<lb/>
ein geſundes Syſtem des organiſchen Lebens<lb/>
fuͤr ein krankes einſtehen und ihm Zeit laſſen<lb/>
kann auch wieder zu geſunden, ſo traten koͤr¬<lb/>
perliche Uebungen gluͤcklicher Weiſe, bey man¬<lb/>
cher guͤnſtigen Gelegenheit, gar vortheilhaft<lb/>
hervor, und ich ward zu friſchem Ermannen,<lb/>
zu neuen Lebensfreuden und Genuͤſſen vielfaͤl¬<lb/>
tig aufgeregt. Das Reiten verdraͤngte nach<lb/>
und nach jene ſchlendernden, melancholiſchen,<lb/>
beſchwerlichen und doch langſamen und zweck¬<lb/>
loſen Fußwanderungen; man kam ſchneller,<lb/>
luſtiger und bequemer zum Zweck. Die juͤn¬<lb/>
gern Geſellen fuͤhrten das Fechten wieder ein;<lb/>
beſonders aber that ſich, bey eintretendem Win¬<lb/>
ter, eine neue Welt vor uns auf, indem ich<lb/>
mich zum Schlittſchuhfahren, welches ich nie<lb/>
verſucht hatte, raſch entſchloß, und es in kur¬<lb/>
zer Zeit, durch Uebung, Nachdenken und Be¬<lb/>
harrlichkeit, ſo weit brachte, als noͤthig iſt,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[183/0191]
Wie man aber Verletzungen und Krank¬
heiten in der Jugend raſch uͤberwindet, weil
ein geſundes Syſtem des organiſchen Lebens
fuͤr ein krankes einſtehen und ihm Zeit laſſen
kann auch wieder zu geſunden, ſo traten koͤr¬
perliche Uebungen gluͤcklicher Weiſe, bey man¬
cher guͤnſtigen Gelegenheit, gar vortheilhaft
hervor, und ich ward zu friſchem Ermannen,
zu neuen Lebensfreuden und Genuͤſſen vielfaͤl¬
tig aufgeregt. Das Reiten verdraͤngte nach
und nach jene ſchlendernden, melancholiſchen,
beſchwerlichen und doch langſamen und zweck¬
loſen Fußwanderungen; man kam ſchneller,
luſtiger und bequemer zum Zweck. Die juͤn¬
gern Geſellen fuͤhrten das Fechten wieder ein;
beſonders aber that ſich, bey eintretendem Win¬
ter, eine neue Welt vor uns auf, indem ich
mich zum Schlittſchuhfahren, welches ich nie
verſucht hatte, raſch entſchloß, und es in kur¬
zer Zeit, durch Uebung, Nachdenken und Be¬
harrlichkeit, ſo weit brachte, als noͤthig iſt,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/191>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.