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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

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ihrem Talent, gewöhnlich als höchst sittliche
Menschen vom Publicum betrachtet und ver¬
ehrt wurden, hatten einen geistigen Rang und
fühlten sich durch das Glück der Arbeit be¬
lohnt; diese begnügten sich gern mit der zwey¬
ten Stelle und genossen eines ansehnlichen
Vortheils: nun aber setzte die Wohlhabenheit
den reichen Buchhändler wieder über den ar¬
men Poeten, und so stand alles in dem schön¬
sten Gleichgewicht. Wechselseitige Großmuth
und Dankbarkeit war nicht selten: Breitkopf
und Gottsched blieben lebenslang Hausgenos¬
sen; Knickerey und Niederträchtigkeit, beson¬
ders der Nachdrucker, waren noch nicht im
Schwange.

Demungeachtet war unter den deutschen
Autoren eine allgemeine Bewegung entstan¬
den. Sie verglichen ihren eignen, sehr mä¬
ßigen, wo nicht ärmlichen Zustand mit dem
Reichthum der angesehenen Buchhändler, sie
betrachteten, wie groß der Ruhm eines Gel¬

ihrem Talent, gewoͤhnlich als hoͤchſt ſittliche
Menſchen vom Publicum betrachtet und ver¬
ehrt wurden, hatten einen geiſtigen Rang und
fuͤhlten ſich durch das Gluͤck der Arbeit be¬
lohnt; dieſe begnuͤgten ſich gern mit der zwey¬
ten Stelle und genoſſen eines anſehnlichen
Vortheils: nun aber ſetzte die Wohlhabenheit
den reichen Buchhaͤndler wieder uͤber den ar¬
men Poeten, und ſo ſtand alles in dem ſchoͤn¬
ſten Gleichgewicht. Wechſelſeitige Großmuth
und Dankbarkeit war nicht ſelten: Breitkopf
und Gottſched blieben lebenslang Hausgenoſ¬
ſen; Knickerey und Niedertraͤchtigkeit, beſon¬
ders der Nachdrucker, waren noch nicht im
Schwange.

Demungeachtet war unter den deutſchen
Autoren eine allgemeine Bewegung entſtan¬
den. Sie verglichen ihren eignen, ſehr maͤ¬
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[172/0180] ihrem Talent, gewoͤhnlich als hoͤchſt ſittliche Menſchen vom Publicum betrachtet und ver¬ ehrt wurden, hatten einen geiſtigen Rang und fuͤhlten ſich durch das Gluͤck der Arbeit be¬ lohnt; dieſe begnuͤgten ſich gern mit der zwey¬ ten Stelle und genoſſen eines anſehnlichen Vortheils: nun aber ſetzte die Wohlhabenheit den reichen Buchhaͤndler wieder uͤber den ar¬ men Poeten, und ſo ſtand alles in dem ſchoͤn¬ ſten Gleichgewicht. Wechſelſeitige Großmuth und Dankbarkeit war nicht ſelten: Breitkopf und Gottſched blieben lebenslang Hausgenoſ¬ ſen; Knickerey und Niedertraͤchtigkeit, beſon¬ ders der Nachdrucker, waren noch nicht im Schwange. Demungeachtet war unter den deutſchen Autoren eine allgemeine Bewegung entſtan¬ den. Sie verglichen ihren eignen, ſehr maͤ¬ ßigen, wo nicht aͤrmlichen Zuſtand mit dem Reichthum der angeſehenen Buchhaͤndler, ſie betrachteten, wie groß der Ruhm eines Gel¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/180>, abgerufen am 26.11.2024.