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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

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Stunden zu krönen pflegte, das alles zog
mich zu ihm und machte mir ein fremdes
Fach, in das ich nur wie durch eine Ritze
hineinsah, um desto reizender und lieber.
Mein Abscheu gegen die Kranken nahm im¬
mer mehr ab, jemehr ich diese Zustände in
Begriffe verwandeln lernte, durch welche die
Heilung, die Wiederherstellung menschlicher
Gestalt und Wesens als möglich erschien.
Er mochte mich wohl, als einen seltsamen
jungen Menschen, besonders ins Auge gefaßt
und mir die wunderliche Anomalie, die mich
zu seinen Stunden hinführte, verziehn ha¬
ben. Dießmal schloß er seinen Vortrag nicht,
wie sonst, mit einer Lehre, die sich auf ir¬
gend eine beobachtete Krankheit bezogen hätte,
sondern sagte mit Heiterkeit: Meine Herren!
wir sehen einige Ferien vor uns. Benutzen
Sie dieselben sich aufzumuntern; die Stu¬
dien wollen nicht allein ernst und fleißig, sie
wollen auch heiter und mit Geistesfreyheit be¬
handelt werden. Geben Sie Ihrem Körper

Stunden zu kroͤnen pflegte, das alles zog
mich zu ihm und machte mir ein fremdes
Fach, in das ich nur wie durch eine Ritze
hineinſah, um deſto reizender und lieber.
Mein Abſcheu gegen die Kranken nahm im¬
mer mehr ab, jemehr ich dieſe Zuſtaͤnde in
Begriffe verwandeln lernte, durch welche die
Heilung, die Wiederherſtellung menſchlicher
Geſtalt und Weſens als moͤglich erſchien.
Er mochte mich wohl, als einen ſeltſamen
jungen Menſchen, beſonders ins Auge gefaßt
und mir die wunderliche Anomalie, die mich
zu ſeinen Stunden hinfuͤhrte, verziehn ha¬
ben. Dießmal ſchloß er ſeinen Vortrag nicht,
wie ſonſt, mit einer Lehre, die ſich auf ir¬
gend eine beobachtete Krankheit bezogen haͤtte,
ſondern ſagte mit Heiterkeit: Meine Herren!
wir ſehen einige Ferien vor uns. Benutzen
Sie dieſelben ſich aufzumuntern; die Stu¬
dien wollen nicht allein ernſt und fleißig, ſie
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[10/0018] Stunden zu kroͤnen pflegte, das alles zog mich zu ihm und machte mir ein fremdes Fach, in das ich nur wie durch eine Ritze hineinſah, um deſto reizender und lieber. Mein Abſcheu gegen die Kranken nahm im¬ mer mehr ab, jemehr ich dieſe Zuſtaͤnde in Begriffe verwandeln lernte, durch welche die Heilung, die Wiederherſtellung menſchlicher Geſtalt und Weſens als moͤglich erſchien. Er mochte mich wohl, als einen ſeltſamen jungen Menſchen, beſonders ins Auge gefaßt und mir die wunderliche Anomalie, die mich zu ſeinen Stunden hinfuͤhrte, verziehn ha¬ ben. Dießmal ſchloß er ſeinen Vortrag nicht, wie ſonſt, mit einer Lehre, die ſich auf ir¬ gend eine beobachtete Krankheit bezogen haͤtte, ſondern ſagte mit Heiterkeit: Meine Herren! wir ſehen einige Ferien vor uns. Benutzen Sie dieſelben ſich aufzumuntern; die Stu¬ dien wollen nicht allein ernſt und fleißig, ſie wollen auch heiter und mit Geiſtesfreyheit be¬ handelt werden. Geben Sie Ihrem Koͤrper

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/18>, abgerufen am 24.11.2024.