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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

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cumente wieder vor den Augen des Publicums
liegen, möchte es Zeit seyn, über den Verfas¬
ser, dessen Natur und Wesen das Nähere zu
besprechen; inzwischen will ich doch einiges
hier schon beybringen, um so mehr als noch
vorzügliche Männer leben, die ihm auch ihre
Neigung geschenkt, und deren Beystimmung
oder Zurechtweisung mir sehr willkommen seyn
würde. Das Princip, auf welches die sämmt¬
lichen Aeußerungen Hamans sich zurückführen
lassen, ist dieses: "Alles was der Mensch zu
leisten unternimmt, es werde nun durch That
oder Wort oder sonst hervorgebracht, muß
aus sämmtlichen vereinigten Kräften entsprin¬
gen; alles Vereinzelte ist verwerflich." Eine
herrliche Maxime! aber schwer zu befolgen.
Von Leben und Kunst mag sie freylich gel¬
ten; bey jeder Ueberlieferung durch's Wort
hingegen, die nicht gerade poetisch ist, findet
sich eine große Schwierigkeit: denn das Wort
muß sich ablösen, es muß sich vereinzeln, um
etwas zu sagen, zu bedeuten. Der Mensch,

cumente wieder vor den Augen des Publicums
liegen, moͤchte es Zeit ſeyn, uͤber den Verfaſ¬
ſer, deſſen Natur und Weſen das Naͤhere zu
beſprechen; inzwiſchen will ich doch einiges
hier ſchon beybringen, um ſo mehr als noch
vorzuͤgliche Maͤnner leben, die ihm auch ihre
Neigung geſchenkt, und deren Beyſtimmung
oder Zurechtweiſung mir ſehr willkommen ſeyn
wuͤrde. Das Princip, auf welches die ſaͤmmt¬
lichen Aeußerungen Hamans ſich zuruͤckfuͤhren
laſſen, iſt dieſes: „Alles was der Menſch zu
leiſten unternimmt, es werde nun durch That
oder Wort oder ſonſt hervorgebracht, muß
aus ſaͤmmtlichen vereinigten Kraͤften entſprin¬
gen; alles Vereinzelte iſt verwerflich." Eine
herrliche Maxime! aber ſchwer zu befolgen.
Von Leben und Kunſt mag ſie freylich gel¬
ten; bey jeder Ueberlieferung durch's Wort
hingegen, die nicht gerade poetiſch iſt, findet
ſich eine große Schwierigkeit: denn das Wort
muß ſich abloͤſen, es muß ſich vereinzeln, um
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[164/0172] cumente wieder vor den Augen des Publicums liegen, moͤchte es Zeit ſeyn, uͤber den Verfaſ¬ ſer, deſſen Natur und Weſen das Naͤhere zu beſprechen; inzwiſchen will ich doch einiges hier ſchon beybringen, um ſo mehr als noch vorzuͤgliche Maͤnner leben, die ihm auch ihre Neigung geſchenkt, und deren Beyſtimmung oder Zurechtweiſung mir ſehr willkommen ſeyn wuͤrde. Das Princip, auf welches die ſaͤmmt¬ lichen Aeußerungen Hamans ſich zuruͤckfuͤhren laſſen, iſt dieſes: „Alles was der Menſch zu leiſten unternimmt, es werde nun durch That oder Wort oder ſonſt hervorgebracht, muß aus ſaͤmmtlichen vereinigten Kraͤften entſprin¬ gen; alles Vereinzelte iſt verwerflich." Eine herrliche Maxime! aber ſchwer zu befolgen. Von Leben und Kunſt mag ſie freylich gel¬ ten; bey jeder Ueberlieferung durch's Wort hingegen, die nicht gerade poetiſch iſt, findet ſich eine große Schwierigkeit: denn das Wort muß ſich abloͤſen, es muß ſich vereinzeln, um etwas zu ſagen, zu bedeuten. Der Menſch,

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/172>, abgerufen am 25.11.2024.