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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

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Schweizergebirge übte auch hier sein Recht
über uns aus, indem es uns zu sich forderte,
und da wir nicht diesem Triebe folgen konnten,
ein schmerzliches Gefühl zurückließ.

Solchen Zerstreuungen und Heiterkeiten
gab ich mich um so lieber und zwar bis zur
Trunkenheit hin, als mich mein leidenschaft¬
liches Verhälniß zu Friedriken nunmehr zu
ängstigen anfing. Eine solche jugendliche, auf's
Gerathewohl gehegte Neigung ist der nächtlich
geworfenen Bombe zu vergleichen, die in einer
sanften, glänzenden Linie aufsteigt, sich unter
die Sterne mischt, ja einen Augenblick unter
ihnen zu verweilen scheint, alsdann aber ab¬
wärts, zwar wieder dieselbe Bahn, nur um¬
gekehrt, bezeichnet, und zuletzt da, wo sie ih¬
ren Lauf geendet, Verderben hinbringt. Frie¬
drike blieb sich immer gleich; sie schien nicht
zu denken noch denken zu wollen, daß dieses
Verhältniß sich sobald endigen könne. Olivie
hingegen, die mich zwar auch ungern vermi߬

Schweizergebirge uͤbte auch hier ſein Recht
uͤber uns aus, indem es uns zu ſich forderte,
und da wir nicht dieſem Triebe folgen konnten,
ein ſchmerzliches Gefuͤhl zuruͤckließ.

Solchen Zerſtreuungen und Heiterkeiten
gab ich mich um ſo lieber und zwar bis zur
Trunkenheit hin, als mich mein leidenſchaft¬
liches Verhaͤlniß zu Friedriken nunmehr zu
aͤngſtigen anfing. Eine ſolche jugendliche, auf's
Gerathewohl gehegte Neigung iſt der naͤchtlich
geworfenen Bombe zu vergleichen, die in einer
ſanften, glaͤnzenden Linie aufſteigt, ſich unter
die Sterne miſcht, ja einen Augenblick unter
ihnen zu verweilen ſcheint, alsdann aber ab¬
waͤrts, zwar wieder dieſelbe Bahn, nur um¬
gekehrt, bezeichnet, und zuletzt da, wo ſie ih¬
ren Lauf geendet, Verderben hinbringt. Frie¬
drike blieb ſich immer gleich; ſie ſchien nicht
zu denken noch denken zu wollen, daß dieſes
Verhaͤltniß ſich ſobald endigen koͤnne. Olivie
hingegen, die mich zwar auch ungern vermi߬

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[122/0130] Schweizergebirge uͤbte auch hier ſein Recht uͤber uns aus, indem es uns zu ſich forderte, und da wir nicht dieſem Triebe folgen konnten, ein ſchmerzliches Gefuͤhl zuruͤckließ. Solchen Zerſtreuungen und Heiterkeiten gab ich mich um ſo lieber und zwar bis zur Trunkenheit hin, als mich mein leidenſchaft¬ liches Verhaͤlniß zu Friedriken nunmehr zu aͤngſtigen anfing. Eine ſolche jugendliche, auf's Gerathewohl gehegte Neigung iſt der naͤchtlich geworfenen Bombe zu vergleichen, die in einer ſanften, glaͤnzenden Linie aufſteigt, ſich unter die Sterne miſcht, ja einen Augenblick unter ihnen zu verweilen ſcheint, alsdann aber ab¬ waͤrts, zwar wieder dieſelbe Bahn, nur um¬ gekehrt, bezeichnet, und zuletzt da, wo ſie ih¬ ren Lauf geendet, Verderben hinbringt. Frie¬ drike blieb ſich immer gleich; ſie ſchien nicht zu denken noch denken zu wollen, daß dieſes Verhaͤltniß ſich ſobald endigen koͤnne. Olivie hingegen, die mich zwar auch ungern vermi߬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/130>, abgerufen am 23.11.2024.