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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

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gen Geistesoperationen, die ich von Jugend
auf mit der größten Bequemlichkeit verrichte¬
te, so aus einander zerren, vereinzelnen und
gleichsam zerstören sollte, um den rechten Ge¬
brauch derselben einzusehen. Von dem Din¬
ge, von der Welt, von Gott glaubte ich
ohngefähr so viel zu wissen als der Lehrer
selbst, und es schien mir an mehr als einer
Stelle gewaltig zu hapern. Doch ging al¬
les noch in ziemlicher Folge bis gegen Fast¬
nacht, wo in der Nähe des Professor Wink¬
ler auf dem Thomasplan, gerade um die
Stunde, die köstlichsten Kräpfel heiß aus der
Pfanne kamen, welche uns denn dergestalt
verspäteten, daß unsere Hefte locker wurden,
und das Ende derselben gegen das Frühjahr
mit dem Schnee zugleich verschmolz und sich
verlor.

Mit den juristischen Collegien ward es
bald eben so schlimm: denn ich wußte gerade
schon so viel, als uns der Lehrer zu überlie¬

gen Geiſtesoperationen, die ich von Jugend
auf mit der groͤßten Bequemlichkeit verrichte¬
te, ſo aus einander zerren, vereinzelnen und
gleichſam zerſtoͤren ſollte, um den rechten Ge¬
brauch derſelben einzuſehen. Von dem Din¬
ge, von der Welt, von Gott glaubte ich
ohngefaͤhr ſo viel zu wiſſen als der Lehrer
ſelbſt, und es ſchien mir an mehr als einer
Stelle gewaltig zu hapern. Doch ging al¬
les noch in ziemlicher Folge bis gegen Faſt¬
nacht, wo in der Naͤhe des Profeſſor Wink¬
ler auf dem Thomasplan, gerade um die
Stunde, die koͤſtlichſten Kraͤpfel heiß aus der
Pfanne kamen, welche uns denn dergeſtalt
verſpaͤteten, daß unſere Hefte locker wurden,
und das Ende derſelben gegen das Fruͤhjahr
mit dem Schnee zugleich verſchmolz und ſich
verlor.

Mit den juriſtiſchen Collegien ward es
bald eben ſo ſchlimm: denn ich wußte gerade
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[78/0086] gen Geiſtesoperationen, die ich von Jugend auf mit der groͤßten Bequemlichkeit verrichte¬ te, ſo aus einander zerren, vereinzelnen und gleichſam zerſtoͤren ſollte, um den rechten Ge¬ brauch derſelben einzuſehen. Von dem Din¬ ge, von der Welt, von Gott glaubte ich ohngefaͤhr ſo viel zu wiſſen als der Lehrer ſelbſt, und es ſchien mir an mehr als einer Stelle gewaltig zu hapern. Doch ging al¬ les noch in ziemlicher Folge bis gegen Faſt¬ nacht, wo in der Naͤhe des Profeſſor Wink¬ ler auf dem Thomasplan, gerade um die Stunde, die koͤſtlichſten Kraͤpfel heiß aus der Pfanne kamen, welche uns denn dergeſtalt verſpaͤteten, daß unſere Hefte locker wurden, und das Ende derſelben gegen das Fruͤhjahr mit dem Schnee zugleich verſchmolz und ſich verlor. Mit den juriſtiſchen Collegien ward es bald eben ſo ſchlimm: denn ich wußte gerade ſchon ſo viel, als uns der Lehrer zu uͤberlie¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/86>, abgerufen am 21.11.2024.