noch glücklich. Doch verdankte ich dieser feuch¬ ten Witterung den Anblick eines Naturphäno¬ mens, das wohl höchst selten seyn mag; denn ich habe nichts Aehnliches jemals wieder gesehen, noch auch von Anderen, daß sie es gewahrt hät¬ ten, vernommen. Wir fuhren nämlich zwischen Hanau und Gellenhausen bey Nachtzeit eine Anhöhe hinauf, und wollten, ob es gleich fin¬ ster war, doch lieber zu Fuße gehen, als uns der Gefahr und Beschwerlichkeit dieser Weg¬ strecke aussetzen. Auf einmal sah ich an der rechten Seite des Wegs, in einer Tiefe eine Art von wundersam erleuchteten Amphitheater. Es blinkten nämlich in einem trichterförmigen Raume unzählige Lichtchen stufenweise über einander, und leuchteten so lebhaft, daß das Auge davon geblendet wurde. Was aber den Blick noch mehr verwirrte, war, daß sie nicht etwa still saßen, sondern hin und wieder hüpf¬ ten, sowohl von oben nach unten, als umge¬ kehrt und nach allen Seiten. Die meisten jedoch blieben ruhig und flimmerten fort. Nur
noch gluͤcklich. Doch verdankte ich dieſer feuch¬ ten Witterung den Anblick eines Naturphaͤno¬ mens, das wohl hoͤchſt ſelten ſeyn mag; denn ich habe nichts Aehnliches jemals wieder geſehen, noch auch von Anderen, daß ſie es gewahrt haͤt¬ ten, vernommen. Wir fuhren naͤmlich zwiſchen Hanau und Gellenhauſen bey Nachtzeit eine Anhoͤhe hinauf, und wollten, ob es gleich fin¬ ſter war, doch lieber zu Fuße gehen, als uns der Gefahr und Beſchwerlichkeit dieſer Weg¬ ſtrecke ausſetzen. Auf einmal ſah ich an der rechten Seite des Wegs, in einer Tiefe eine Art von wunderſam erleuchteten Amphitheater. Es blinkten naͤmlich in einem trichterfoͤrmigen Raume unzaͤhlige Lichtchen ſtufenweiſe uͤber einander, und leuchteten ſo lebhaft, daß das Auge davon geblendet wurde. Was aber den Blick noch mehr verwirrte, war, daß ſie nicht etwa ſtill ſaßen, ſondern hin und wieder huͤpf¬ ten, ſowohl von oben nach unten, als umge¬ kehrt und nach allen Seiten. Die meiſten jedoch blieben ruhig und flimmerten fort. Nur
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noch gluͤcklich. Doch verdankte ich dieſer feuch¬
ten Witterung den Anblick eines Naturphaͤno¬
mens, das wohl hoͤchſt ſelten ſeyn mag; denn
ich habe nichts Aehnliches jemals wieder geſehen,
noch auch von Anderen, daß ſie es gewahrt haͤt¬
ten, vernommen. Wir fuhren naͤmlich zwiſchen
Hanau und Gellenhauſen bey Nachtzeit eine
Anhoͤhe hinauf, und wollten, ob es gleich fin¬
ſter war, doch lieber zu Fuße gehen, als uns
der Gefahr und Beſchwerlichkeit dieſer Weg¬
ſtrecke ausſetzen. Auf einmal ſah ich an der
rechten Seite des Wegs, in einer Tiefe eine
Art von wunderſam erleuchteten Amphitheater.
Es blinkten naͤmlich in einem trichterfoͤrmigen
Raume unzaͤhlige Lichtchen ſtufenweiſe uͤber
einander, und leuchteten ſo lebhaft, daß das
Auge davon geblendet wurde. Was aber den
Blick noch mehr verwirrte, war, daß ſie nicht
etwa ſtill ſaßen, ſondern hin und wieder huͤpf¬
ten, ſowohl von oben nach unten, als umge¬
kehrt und nach allen Seiten. Die meiſten
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/74>, abgerufen am 21.11.2024.
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