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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

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rade einige Landleute den Fußpfad her, die
mich in Verlegenheit setzten. Ich lenkte des¬
halb nach einem Wäldchen, das ganz nah
eine Erderhöhung bekrönte, um mich darin
bis zur bestimmten Zeit zu verbergen. Doch
wie wunderlich ward mir zu Muthe als ich
hineintrat: denn es zeigte sich mir ein rein¬
licher Platz mit Bänken, von deren jeder man
eine hübsche Aussicht in die Gegend gewann.
Hier war das Dorf und der Kirchthurm,
hier Drusenheim und dahinter die waldigen
Rheininseln, gegenüber die Vogesischen Ge¬
birge und zuletzt der Straßburger Münster.
Diese verschiedenen himmelhellen Gemälde
waren durch buschige Rahmen eingefaßt, so
daß man nichts Erfreulicheres und Angeneh¬
meres sehen konnte. Ich setzte mich auf eine
der Bänke und bemerkte an dem stärksten
Baum ein kleines längliches Brett mit der
Inschrift: Friedrickens Ruhe. Es fiel mir
nicht ein, daß ich gekommen seyn könnte, die¬

rade einige Landleute den Fußpfad her, die
mich in Verlegenheit ſetzten. Ich lenkte des¬
halb nach einem Waͤldchen, das ganz nah
eine Erderhoͤhung bekroͤnte, um mich darin
bis zur beſtimmten Zeit zu verbergen. Doch
wie wunderlich ward mir zu Muthe als ich
hineintrat: denn es zeigte ſich mir ein rein¬
licher Platz mit Baͤnken, von deren jeder man
eine huͤbſche Ausſicht in die Gegend gewann.
Hier war das Dorf und der Kirchthurm,
hier Druſenheim und dahinter die waldigen
Rheininſeln, gegenuͤber die Vogeſiſchen Ge¬
birge und zuletzt der Straßburger Muͤnſter.
Dieſe verſchiedenen himmelhellen Gemaͤlde
waren durch buſchige Rahmen eingefaßt, ſo
daß man nichts Erfreulicheres und Angeneh¬
meres ſehen konnte. Ich ſetzte mich auf eine
der Baͤnke und bemerkte an dem ſtaͤrkſten
Baum ein kleines laͤngliches Brett mit der
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[557/0565] rade einige Landleute den Fußpfad her, die mich in Verlegenheit ſetzten. Ich lenkte des¬ halb nach einem Waͤldchen, das ganz nah eine Erderhoͤhung bekroͤnte, um mich darin bis zur beſtimmten Zeit zu verbergen. Doch wie wunderlich ward mir zu Muthe als ich hineintrat: denn es zeigte ſich mir ein rein¬ licher Platz mit Baͤnken, von deren jeder man eine huͤbſche Ausſicht in die Gegend gewann. Hier war das Dorf und der Kirchthurm, hier Druſenheim und dahinter die waldigen Rheininſeln, gegenuͤber die Vogeſiſchen Ge¬ birge und zuletzt der Straßburger Muͤnſter. Dieſe verſchiedenen himmelhellen Gemaͤlde waren durch buſchige Rahmen eingefaßt, ſo daß man nichts Erfreulicheres und Angeneh¬ meres ſehen konnte. Ich ſetzte mich auf eine der Baͤnke und bemerkte an dem ſtaͤrkſten Baum ein kleines laͤngliches Brett mit der Inſchrift: Friedrickens Ruhe. Es fiel mir nicht ein, daß ich gekommen ſeyn koͤnnte, die¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 557. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/565>, abgerufen am 23.11.2024.