Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.für schicklich hielt, um seine Hoffnung zu näh¬ fuͤr ſchicklich hielt, um ſeine Hoffnung zu naͤh¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0541" n="533"/> fuͤr ſchicklich hielt, um ſeine Hoffnung zu naͤh¬<lb/> ren und ihn aufzumuntern, daß er die Sache<lb/> ſtaͤrker betreiben moͤchte. Er fuhr darauf fort,<lb/> mit Vertrauen die Perſonen zu ſchildern, von<lb/> denen ſolche Sachen abhingen, und obgleich<lb/> er kein ſonderlicher Characterzeichner war, ſo<lb/> konnte ich doch recht gut begreifen, wie das<lb/> ganze Geſchaͤft ſtocken mußte. Die Zutrau¬<lb/> lichkeit des Mannes hatte was Eignes; er<lb/> ſprach zu mir als wenn er mich zehen Jahre<lb/> gekannt haͤtte, ohne daß irgend etwas in ſei¬<lb/> nem Blick geweſen waͤre, woraus ich einige<lb/> Aufmerkſamkeit auf mich haͤtte muthmaßen<lb/> koͤnnen. Endlich trat mein Freund mit der<lb/> Mutter herein. Dieſe ſchien mich mit ganz<lb/> andern Augen anzuſehn. Ihr Geſicht war<lb/> regelmaͤßig und der Ausdruck deſſelben ver¬<lb/> ſtaͤndig; ſie mußte in ihrer Jugend ſchoͤn ge¬<lb/> weſen ſeyn. Ihre Geſtalt war lang und ha¬<lb/> ger, doch nicht mehr als ſolchen Jahren ge¬<lb/> ziemt; ſie hatte vom Ruͤcken her noch ein<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [533/0541]
fuͤr ſchicklich hielt, um ſeine Hoffnung zu naͤh¬
ren und ihn aufzumuntern, daß er die Sache
ſtaͤrker betreiben moͤchte. Er fuhr darauf fort,
mit Vertrauen die Perſonen zu ſchildern, von
denen ſolche Sachen abhingen, und obgleich
er kein ſonderlicher Characterzeichner war, ſo
konnte ich doch recht gut begreifen, wie das
ganze Geſchaͤft ſtocken mußte. Die Zutrau¬
lichkeit des Mannes hatte was Eignes; er
ſprach zu mir als wenn er mich zehen Jahre
gekannt haͤtte, ohne daß irgend etwas in ſei¬
nem Blick geweſen waͤre, woraus ich einige
Aufmerkſamkeit auf mich haͤtte muthmaßen
koͤnnen. Endlich trat mein Freund mit der
Mutter herein. Dieſe ſchien mich mit ganz
andern Augen anzuſehn. Ihr Geſicht war
regelmaͤßig und der Ausdruck deſſelben ver¬
ſtaͤndig; ſie mußte in ihrer Jugend ſchoͤn ge¬
weſen ſeyn. Ihre Geſtalt war lang und ha¬
ger, doch nicht mehr als ſolchen Jahren ge¬
ziemt; ſie hatte vom Ruͤcken her noch ein
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 533. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/541>, abgerufen am 26.07.2024. |