uns zahlreich? als um an einander wechselsei¬ tig Theil zu nehmen; und wie kann das ge¬ schehen ? wenn sich in unserem Kreise wieder so viele kleine Absonderungen bemerken lassen. Weit entfernt bin ich, etwas gegen so schöne Verhältnisse meynen, oder nur daran rühren zu wollen; aber alles hat seine Zeit ! ein schö¬ nes, großes Wort, woran freylich Niemand denkt, wenn ihm für Zeitvertreib hinreichend gesorgt ist."
Er fuhr darauf immer lebhafter und lusti¬ ger fort, die geselligen Tugenden den zärtli¬ chen Empfindungen gegenüberzustellen. Diese, sagte er, können uns niemals fehlen, wir tra¬ gen sie immer bey uns, und Jeder wird dar¬ in leicht ohne Uebung ein Meister; aber jene müssen wir aufsuchen, wir müssen uns um sie bemühen, und wir mögen darin so viel wir wollen fortschreiten, so lernt man sie doch niemals ganz aus. -- Nun ging er ins Be¬ sondere. Mancher mochte sich getroffen füh¬
uns zahlreich? als um an einander wechſelſei¬ tig Theil zu nehmen; und wie kann das ge¬ ſchehen ? wenn ſich in unſerem Kreiſe wieder ſo viele kleine Abſonderungen bemerken laſſen. Weit entfernt bin ich, etwas gegen ſo ſchoͤne Verhaͤltniſſe meynen, oder nur daran ruͤhren zu wollen; aber alles hat ſeine Zeit ! ein ſchoͤ¬ nes, großes Wort, woran freylich Niemand denkt, wenn ihm fuͤr Zeitvertreib hinreichend geſorgt iſt.“
Er fuhr darauf immer lebhafter und luſti¬ ger fort, die geſelligen Tugenden den zaͤrtli¬ chen Empfindungen gegenuͤberzuſtellen. Dieſe, ſagte er, koͤnnen uns niemals fehlen, wir tra¬ gen ſie immer bey uns, und Jeder wird dar¬ in leicht ohne Uebung ein Meiſter; aber jene muͤſſen wir aufſuchen, wir muͤſſen uns um ſie bemuͤhen, und wir moͤgen darin ſo viel wir wollen fortſchreiten, ſo lernt man ſie doch niemals ganz aus. — Nun ging er ins Be¬ ſondere. Mancher mochte ſich getroffen fuͤh¬
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uns zahlreich? als um an einander wechſelſei¬
tig Theil zu nehmen; und wie kann das ge¬
ſchehen ? wenn ſich in unſerem Kreiſe wieder
ſo viele kleine Abſonderungen bemerken laſſen.
Weit entfernt bin ich, etwas gegen ſo ſchoͤne
Verhaͤltniſſe meynen, oder nur daran ruͤhren
zu wollen; aber alles hat ſeine Zeit ! ein ſchoͤ¬
nes, großes Wort, woran freylich Niemand
denkt, wenn ihm fuͤr Zeitvertreib hinreichend
geſorgt iſt.“
Er fuhr darauf immer lebhafter und luſti¬
ger fort, die geſelligen Tugenden den zaͤrtli¬
chen Empfindungen gegenuͤberzuſtellen. Dieſe,
ſagte er, koͤnnen uns niemals fehlen, wir tra¬
gen ſie immer bey uns, und Jeder wird dar¬
in leicht ohne Uebung ein Meiſter; aber jene
muͤſſen wir aufſuchen, wir muͤſſen uns um
ſie bemuͤhen, und wir moͤgen darin ſo viel
wir wollen fortſchreiten, ſo lernt man ſie doch
niemals ganz aus. — Nun ging er ins Be¬
ſondere. Mancher mochte ſich getroffen fuͤh¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/49>, abgerufen am 27.11.2024.
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