ich mich überließ, ohne zu wissen, woher es komme und wohin es führe.
Nachdem die Cur länger als billig gedau¬ ert, Lobstein in seiner Behandlung zu schwan¬ ken und sich zu wiederholen anfing, so daß die Sache kein Ende nehmen wollte, auch Peglow mir schon heimlich anvertraut hatte, daß wohl schwerlich ein guter Ausgang zu hoffen sey; so trübte sich das ganze Verhält¬ niß: Herder ward ungeduldig und mismuthig, es wollte ihm nicht gelingen, seine Thätig¬ keit wie bisher fortzusetzen, und er mußte sich um so mehr einschränken, als man die Schuld des misrathenen chirurgischen Unter¬ nehmens auf Herders allzugroße geistige An¬ strengung und seinen ununterbrochenen lebhaf¬ ten, ja lustigen Umgang mit uns zu schieben anfing. Genug, nach so viel Qual und Lei¬ den wollte die künstliche Thränenrinne sich nicht bilden und die beabsichtigte Communication nicht zu Stande kommen. Man sah sich ge¬
ich mich uͤberließ, ohne zu wiſſen, woher es komme und wohin es fuͤhre.
Nachdem die Cur laͤnger als billig gedau¬ ert, Lobſtein in ſeiner Behandlung zu ſchwan¬ ken und ſich zu wiederholen anfing, ſo daß die Sache kein Ende nehmen wollte, auch Peglow mir ſchon heimlich anvertraut hatte, daß wohl ſchwerlich ein guter Ausgang zu hoffen ſey; ſo truͤbte ſich das ganze Verhaͤlt¬ niß: Herder ward ungeduldig und mismuthig, es wollte ihm nicht gelingen, ſeine Thaͤtig¬ keit wie bisher fortzuſetzen, und er mußte ſich um ſo mehr einſchraͤnken, als man die Schuld des misrathenen chirurgiſchen Unter¬ nehmens auf Herders allzugroße geiſtige An¬ ſtrengung und ſeinen ununterbrochenen lebhaf¬ ten, ja luſtigen Umgang mit uns zu ſchieben anfing. Genug, nach ſo viel Qual und Lei¬ den wollte die kuͤnſtliche Thraͤnenrinne ſich nicht bilden und die beabſichtigte Communication nicht zu Stande kommen. Man ſah ſich ge¬
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ich mich uͤberließ, ohne zu wiſſen, woher es
komme und wohin es fuͤhre.
Nachdem die Cur laͤnger als billig gedau¬
ert, Lobſtein in ſeiner Behandlung zu ſchwan¬
ken und ſich zu wiederholen anfing, ſo daß
die Sache kein Ende nehmen wollte, auch
Peglow mir ſchon heimlich anvertraut hatte,
daß wohl ſchwerlich ein guter Ausgang zu
hoffen ſey; ſo truͤbte ſich das ganze Verhaͤlt¬
niß: Herder ward ungeduldig und mismuthig,
es wollte ihm nicht gelingen, ſeine Thaͤtig¬
keit wie bisher fortzuſetzen, und er mußte
ſich um ſo mehr einſchraͤnken, als man die
Schuld des misrathenen chirurgiſchen Unter¬
nehmens auf Herders allzugroße geiſtige An¬
ſtrengung und ſeinen ununterbrochenen lebhaf¬
ten, ja luſtigen Umgang mit uns zu ſchieben
anfing. Genug, nach ſo viel Qual und Lei¬
den wollte die kuͤnſtliche Thraͤnenrinne ſich nicht
bilden und die beabſichtigte Communication
nicht zu Stande kommen. Man ſah ſich ge¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 477. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/485>, abgerufen am 22.11.2024.
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