her allmählich ausgeführt hat, im Keim an¬ gedeutet ward, und daß ich dadurch in die glückliche Lage gerieth, alles was ich bisher gedacht, gelernt, mir zugeeignet hatte, zu completiren, an ein Höheres anzuknüpfen, zu erweitern. Wäre Herder methodischer gewe¬ sen, so hätte ich auch für eine dauerhafte Rich¬ tung meiner Bildung die köstlichste Anleitung gefunden; aber er war mehr geneigt zu prü¬ fen und anzuregen, als zu führen und zu leiten. So machte er mich zuerst mit Ha¬ manns Schriften bekannt, auf die er einen sehr großen Werth setzte. Anstatt mich aber über dieselben zu belehren und mir den Hang und Gang dieses außerordentlichen Geistes be¬ greiflich zu machen; so diente es ihm gewöhn¬ lich nur zur Belustigung, wenn ich mich, um zu dem Verständniß solcher Sibyllischen Blät¬ ter zu gelangen, freylich wunderlich genug ge¬ bärdete. Indessen fühlte ich wohl, daß mir in Hamanns Schriften etwas zusagte, dem
her allmaͤhlich ausgefuͤhrt hat, im Keim an¬ gedeutet ward, und daß ich dadurch in die gluͤckliche Lage gerieth, alles was ich bisher gedacht, gelernt, mir zugeeignet hatte, zu completiren, an ein Hoͤheres anzuknuͤpfen, zu erweitern. Waͤre Herder methodiſcher gewe¬ ſen, ſo haͤtte ich auch fuͤr eine dauerhafte Rich¬ tung meiner Bildung die koͤſtlichſte Anleitung gefunden; aber er war mehr geneigt zu pruͤ¬ fen und anzuregen, als zu fuͤhren und zu leiten. So machte er mich zuerſt mit Ha¬ manns Schriften bekannt, auf die er einen ſehr großen Werth ſetzte. Anſtatt mich aber uͤber dieſelben zu belehren und mir den Hang und Gang dieſes außerordentlichen Geiſtes be¬ greiflich zu machen; ſo diente es ihm gewoͤhn¬ lich nur zur Beluſtigung, wenn ich mich, um zu dem Verſtaͤndniß ſolcher Sibylliſchen Blaͤt¬ ter zu gelangen, freylich wunderlich genug ge¬ baͤrdete. Indeſſen fuͤhlte ich wohl, daß mir in Hamanns Schriften etwas zuſagte, dem
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her allmaͤhlich ausgefuͤhrt hat, im Keim an¬
gedeutet ward, und daß ich dadurch in die
gluͤckliche Lage gerieth, alles was ich bisher
gedacht, gelernt, mir zugeeignet hatte, zu
completiren, an ein Hoͤheres anzuknuͤpfen, zu
erweitern. Waͤre Herder methodiſcher gewe¬
ſen, ſo haͤtte ich auch fuͤr eine dauerhafte Rich¬
tung meiner Bildung die koͤſtlichſte Anleitung
gefunden; aber er war mehr geneigt zu pruͤ¬
fen und anzuregen, als zu fuͤhren und zu
leiten. So machte er mich zuerſt mit Ha¬
manns Schriften bekannt, auf die er einen
ſehr großen Werth ſetzte. Anſtatt mich aber
uͤber dieſelben zu belehren und mir den Hang
und Gang dieſes außerordentlichen Geiſtes be¬
greiflich zu machen; ſo diente es ihm gewoͤhn¬
lich nur zur Beluſtigung, wenn ich mich, um
zu dem Verſtaͤndniß ſolcher Sibylliſchen Blaͤt¬
ter zu gelangen, freylich wunderlich genug ge¬
baͤrdete. Indeſſen fuͤhlte ich wohl, daß mir
in Hamanns Schriften etwas zuſagte, dem
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/484>, abgerufen am 22.11.2024.
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