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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

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über sich selbst war noch nicht verklungen und
nun trat abermals etwas Neues hinzu, frey¬
lich von ganz anderer Art. Er hatte näm¬
lich nicht lange die Augen hin und her ge¬
wandt, so bemerkte er auf dem Tische eine
doppelte Portion Caffee und zwey Tassen;
daneben mochte er auch, er der selbst ein fei¬
ner Zeisig war, irgend sonst eine Andeutung
aufgespürt haben, daß dieser junge Mann
sich nicht eben immer so allein befunden. Und
kaum war die Vermuthung in ihm aufgestie¬
gen und zur Wahrscheinlichkeit geworden, das
hübsche Mädchen habe einen Besuch hier ab¬
gestattet; so gesellte sich zu jenem ersten Ver¬
druß noch die wunderlichste Eifersucht, um
ihn vollends zu verwirren.

Ehe ich nun irgend etwas ahnden konn¬
te, denn ich hatte mich bisher ganz harmlos
mit dem jungen Mann unterhalten, so fing
der Hauptmann, mit einem unangenehmen
Ton, den ich ihm wohl kannte, zu sticheln

uͤber ſich ſelbſt war noch nicht verklungen und
nun trat abermals etwas Neues hinzu, frey¬
lich von ganz anderer Art. Er hatte naͤm¬
lich nicht lange die Augen hin und her ge¬
wandt, ſo bemerkte er auf dem Tiſche eine
doppelte Portion Caffee und zwey Taſſen;
daneben mochte er auch, er der ſelbſt ein fei¬
ner Zeiſig war, irgend ſonſt eine Andeutung
aufgeſpuͤrt haben, daß dieſer junge Mann
ſich nicht eben immer ſo allein befunden. Und
kaum war die Vermuthung in ihm aufgeſtie¬
gen und zur Wahrſcheinlichkeit geworden, das
huͤbſche Maͤdchen habe einen Beſuch hier ab¬
geſtattet; ſo geſellte ſich zu jenem erſten Ver¬
druß noch die wunderlichſte Eiferſucht, um
ihn vollends zu verwirren.

Ehe ich nun irgend etwas ahnden konn¬
te, denn ich hatte mich bisher ganz harmlos
mit dem jungen Mann unterhalten, ſo fing
der Hauptmann, mit einem unangenehmen
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[405/0413] uͤber ſich ſelbſt war noch nicht verklungen und nun trat abermals etwas Neues hinzu, frey¬ lich von ganz anderer Art. Er hatte naͤm¬ lich nicht lange die Augen hin und her ge¬ wandt, ſo bemerkte er auf dem Tiſche eine doppelte Portion Caffee und zwey Taſſen; daneben mochte er auch, er der ſelbſt ein fei¬ ner Zeiſig war, irgend ſonſt eine Andeutung aufgeſpuͤrt haben, daß dieſer junge Mann ſich nicht eben immer ſo allein befunden. Und kaum war die Vermuthung in ihm aufgeſtie¬ gen und zur Wahrſcheinlichkeit geworden, das huͤbſche Maͤdchen habe einen Beſuch hier ab¬ geſtattet; ſo geſellte ſich zu jenem erſten Ver¬ druß noch die wunderlichſte Eiferſucht, um ihn vollends zu verwirren. Ehe ich nun irgend etwas ahnden konn¬ te, denn ich hatte mich bisher ganz harmlos mit dem jungen Mann unterhalten, ſo fing der Hauptmann, mit einem unangenehmen Ton, den ich ihm wohl kannte, zu ſticheln

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/413>, abgerufen am 26.11.2024.