te. Meine Freunde ließen es passiren; ein Franzose hingegen, der mit uns lebte, kriti¬ sirte sehr unbarmherzig Sprache und Versmaß, obgleich, wie es schien, nur allzugründlich, und ich erinnere mich nicht, nachher je wieder ein französisches Gedicht gemacht zu haben.
Kaum erscholl aus der Hauptstadt die Nachricht von der glücklichen Ankunft der Köni¬ ginn, als eine Schreckenspost ihr folgte, bey dem festlichen Feuerwerke sey, durch ein Po¬ lizeyversehen, in einer von Baumaterialien versperrten Straße eine Unzahl Menschen mit Pferden und Wagen zu Grunde gegangen, und die Stadt bey diesen Hochzeitfeyerlichkei¬ ten in Trauer und Leid versetzt worden. Die Größe des Unglücks suchte man sowohl dem jungen königlichen Paare als der Welt zu verbergen, indem man die umgekommenen Personen heimlich begrub, so daß viele Fami¬ lien nur durch das völlige Außenbleiben der Ihrigen überzeugt wurden, daß auch diese
te. Meine Freunde ließen es paſſiren; ein Franzoſe hingegen, der mit uns lebte, kriti¬ ſirte ſehr unbarmherzig Sprache und Versmaß, obgleich, wie es ſchien, nur allzugruͤndlich, und ich erinnere mich nicht, nachher je wieder ein franzoͤſiſches Gedicht gemacht zu haben.
Kaum erſcholl aus der Hauptſtadt die Nachricht von der gluͤcklichen Ankunft der Koͤni¬ ginn, als eine Schreckenſpoſt ihr folgte, bey dem feſtlichen Feuerwerke ſey, durch ein Po¬ lizeyverſehen, in einer von Baumaterialien verſperrten Straße eine Unzahl Menſchen mit Pferden und Wagen zu Grunde gegangen, und die Stadt bey dieſen Hochzeitfeyerlichkei¬ ten in Trauer und Leid verſetzt worden. Die Groͤße des Ungluͤcks ſuchte man ſowohl dem jungen koͤniglichen Paare als der Welt zu verbergen, indem man die umgekommenen Perſonen heimlich begrub, ſo daß viele Fami¬ lien nur durch das voͤllige Außenbleiben der Ihrigen uͤberzeugt wurden, daß auch dieſe
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te. Meine Freunde ließen es paſſiren; ein
Franzoſe hingegen, der mit uns lebte, kriti¬
ſirte ſehr unbarmherzig Sprache und Versmaß,
obgleich, wie es ſchien, nur allzugruͤndlich,
und ich erinnere mich nicht, nachher je wieder
ein franzoͤſiſches Gedicht gemacht zu haben.
Kaum erſcholl aus der Hauptſtadt die
Nachricht von der gluͤcklichen Ankunft der Koͤni¬
ginn, als eine Schreckenſpoſt ihr folgte, bey
dem feſtlichen Feuerwerke ſey, durch ein Po¬
lizeyverſehen, in einer von Baumaterialien
verſperrten Straße eine Unzahl Menſchen mit
Pferden und Wagen zu Grunde gegangen,
und die Stadt bey dieſen Hochzeitfeyerlichkei¬
ten in Trauer und Leid verſetzt worden. Die
Groͤße des Ungluͤcks ſuchte man ſowohl dem
jungen koͤniglichen Paare als der Welt zu
verbergen, indem man die umgekommenen
Perſonen heimlich begrub, ſo daß viele Fami¬
lien nur durch das voͤllige Außenbleiben der
Ihrigen uͤberzeugt wurden, daß auch dieſe
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/374>, abgerufen am 26.11.2024.
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