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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

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hätte weniger von allen Unannehmlichkeiten em¬
pfunden, wenn unsere Treppe, nach der Leip¬
ziger Art, an die Seite gedrängt, und jedem
Stockwerk eine abgeschlossene Thüre zugetheilt
gewesen wäre. Diese Bauart rühmte ich einst
höchlich und setzte ihre Vortheile heraus, zeig¬
te dem Vater die Möglichkeit, auch seine
Treppe zu verlegen, worüber er in einen un¬
glaublichen Zorn gerieth, der um so heftiger
war, als ich kurz vorher einige schnörkelhafte
Spiegelrahmen getadelt und gewisse chinesische
Tapeten verworfen hatte. Es gab eine Sce¬
ne, welche, zwar wieder getuscht und ausge¬
glichen, doch meine Reise nach dem schönen
Elsaß beschleunigte, die ich denn auch, auf
der neu eingerichteten bequemen Diligence,
ohne Aufhalt und in kurzer Zeit vollbrachte.

Ich war im Wirthshaus zum Geist ab¬
gestiegen und eilte sogleich, das sehnlichste
Verlangen zu befriedigen und mich dem Mün¬
ster zu nähern, welcher durch Mitreisende mir

haͤtte weniger von allen Unannehmlichkeiten em¬
pfunden, wenn unſere Treppe, nach der Leip¬
ziger Art, an die Seite gedraͤngt, und jedem
Stockwerk eine abgeſchloſſene Thuͤre zugetheilt
geweſen waͤre. Dieſe Bauart ruͤhmte ich einſt
hoͤchlich und ſetzte ihre Vortheile heraus, zeig¬
te dem Vater die Moͤglichkeit, auch ſeine
Treppe zu verlegen, woruͤber er in einen un¬
glaublichen Zorn gerieth, der um ſo heftiger
war, als ich kurz vorher einige ſchnoͤrkelhafte
Spiegelrahmen getadelt und gewiſſe chineſiſche
Tapeten verworfen hatte. Es gab eine Sce¬
ne, welche, zwar wieder getuſcht und ausge¬
glichen, doch meine Reiſe nach dem ſchoͤnen
Elſaß beſchleunigte, die ich denn auch, auf
der neu eingerichteten bequemen Diligence,
ohne Aufhalt und in kurzer Zeit vollbrachte.

Ich war im Wirthshaus zum Geiſt ab¬
geſtiegen und eilte ſogleich, das ſehnlichſte
Verlangen zu befriedigen und mich dem Muͤn¬
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[345/0353] haͤtte weniger von allen Unannehmlichkeiten em¬ pfunden, wenn unſere Treppe, nach der Leip¬ ziger Art, an die Seite gedraͤngt, und jedem Stockwerk eine abgeſchloſſene Thuͤre zugetheilt geweſen waͤre. Dieſe Bauart ruͤhmte ich einſt hoͤchlich und ſetzte ihre Vortheile heraus, zeig¬ te dem Vater die Moͤglichkeit, auch ſeine Treppe zu verlegen, woruͤber er in einen un¬ glaublichen Zorn gerieth, der um ſo heftiger war, als ich kurz vorher einige ſchnoͤrkelhafte Spiegelrahmen getadelt und gewiſſe chineſiſche Tapeten verworfen hatte. Es gab eine Sce¬ ne, welche, zwar wieder getuſcht und ausge¬ glichen, doch meine Reiſe nach dem ſchoͤnen Elſaß beſchleunigte, die ich denn auch, auf der neu eingerichteten bequemen Diligence, ohne Aufhalt und in kurzer Zeit vollbrachte. Ich war im Wirthshaus zum Geiſt ab¬ geſtiegen und eilte ſogleich, das ſehnlichſte Verlangen zu befriedigen und mich dem Muͤn¬ ſter zu naͤhern, welcher durch Mitreiſende mir

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/353>, abgerufen am 24.11.2024.