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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

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hervorzurücken; nach langem Widerstande eilte
er tief in der Nacht nach Hause und kam mit
einem Gläschen crystallisirten trocknen Salzes
zurück, welches in Wasser aufgelöst von dem
Patienten verschluckt wurde und einen entschie¬
den alcalischen Geschmack hatte. Das Salz
war kaum genommen, so zeigte sich eine Er¬
leichterung des Zustandes, und von dem Au¬
genblick an nahm die Krankheit eine Wen¬
dung, die stufenweise zur Besserung führte.
Ich darf nicht sagen, wie sehr dieses den
Glauben an unsern Arzt, und den Fleiß uns
eines solchen Schatzes theilhaftig zu machen,
stärkte und erhöhte.

Meine Freundinn, welche ältern- und ge¬
schwisterlos in einem großen wohlgelegnen
Hause wohnte, hatte schon früher angefangen,
sich einen kleinen Windofen, Kolben und Re¬
torten von mäßiger Größe anzuschaffen, und
operirte nach Wellingischen Fingerzeigen und
nach bedeutenden Winken des Arztes und

hervorzuruͤcken; nach langem Widerſtande eilte
er tief in der Nacht nach Hauſe und kam mit
einem Glaͤschen cryſtalliſirten trocknen Salzes
zuruͤck, welches in Waſſer aufgeloͤſt von dem
Patienten verſchluckt wurde und einen entſchie¬
den alcaliſchen Geſchmack hatte. Das Salz
war kaum genommen, ſo zeigte ſich eine Er¬
leichterung des Zuſtandes, und von dem Au¬
genblick an nahm die Krankheit eine Wen¬
dung, die ſtufenweiſe zur Beſſerung fuͤhrte.
Ich darf nicht ſagen, wie ſehr dieſes den
Glauben an unſern Arzt, und den Fleiß uns
eines ſolchen Schatzes theilhaftig zu machen,
ſtaͤrkte und erhoͤhte.

Meine Freundinn, welche aͤltern- und ge¬
ſchwiſterlos in einem großen wohlgelegnen
Hauſe wohnte, hatte ſchon fruͤher angefangen,
ſich einen kleinen Windofen, Kolben und Re¬
torten von maͤßiger Groͤße anzuſchaffen, und
operirte nach Wellingiſchen Fingerzeigen und
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[312/0320] hervorzuruͤcken; nach langem Widerſtande eilte er tief in der Nacht nach Hauſe und kam mit einem Glaͤschen cryſtalliſirten trocknen Salzes zuruͤck, welches in Waſſer aufgeloͤſt von dem Patienten verſchluckt wurde und einen entſchie¬ den alcaliſchen Geſchmack hatte. Das Salz war kaum genommen, ſo zeigte ſich eine Er¬ leichterung des Zuſtandes, und von dem Au¬ genblick an nahm die Krankheit eine Wen¬ dung, die ſtufenweiſe zur Beſſerung fuͤhrte. Ich darf nicht ſagen, wie ſehr dieſes den Glauben an unſern Arzt, und den Fleiß uns eines ſolchen Schatzes theilhaftig zu machen, ſtaͤrkte und erhoͤhte. Meine Freundinn, welche aͤltern- und ge¬ ſchwiſterlos in einem großen wohlgelegnen Hauſe wohnte, hatte ſchon fruͤher angefangen, ſich einen kleinen Windofen, Kolben und Re¬ torten von maͤßiger Groͤße anzuſchaffen, und operirte nach Wellingiſchen Fingerzeigen und nach bedeutenden Winken des Arztes und

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/320>, abgerufen am 24.11.2024.