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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

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fe eines in jeder Rücksicht trefflichen Fürsten
ein solides Glück fand.

Der Verlust eines Freundes, wie Behrisch,
war für mich von der größten Bedeutung.
Er hatte mich verzogen, indem er mich bilde¬
te, und seine Gegenwart war nöthig, wenn
das einigermaßen für die Societät Frucht
bringen sollte, was er an mich zu wenden
für gut gefunden hatte. Er wußte mich zu
allerley Artigem und Schicklichem zu bewegen,
was gerade am Platz war, und meine gesel¬
ligen Talente herauszusetzen. Weil ich aber
in solchen Dingen keine Selbstständigkeit er¬
worben hatte; so fiel ich gleich, da ich wie¬
der allein war, in mein wirriges, störrisches
Wesen zurück, welches immer zunahm je un¬
zufriedener ich über meine Umgebung war,
indem ich mir einbildete, daß sie nicht mit
mir zufrieden sey. Mit der willkührlichsten
Laune nahm ich übel auf, was ich mir hätte
zum Vortheil rechnen können, entfernte man¬

fe eines in jeder Ruͤckſicht trefflichen Fuͤrſten
ein ſolides Gluͤck fand.

Der Verluſt eines Freundes, wie Behriſch,
war fuͤr mich von der groͤßten Bedeutung.
Er hatte mich verzogen, indem er mich bilde¬
te, und ſeine Gegenwart war noͤthig, wenn
das einigermaßen fuͤr die Societaͤt Frucht
bringen ſollte, was er an mich zu wenden
fuͤr gut gefunden hatte. Er wußte mich zu
allerley Artigem und Schicklichem zu bewegen,
was gerade am Platz war, und meine geſel¬
ligen Talente herauszuſetzen. Weil ich aber
in ſolchen Dingen keine Selbſtſtaͤndigkeit er¬
worben hatte; ſo fiel ich gleich, da ich wie¬
der allein war, in mein wirriges, ſtoͤrriſches
Weſen zuruͤck, welches immer zunahm je un¬
zufriedener ich uͤber meine Umgebung war,
indem ich mir einbildete, daß ſie nicht mit
mir zufrieden ſey. Mit der willkuͤhrlichſten
Laune nahm ich uͤbel auf, was ich mir haͤtte
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[222/0230] fe eines in jeder Ruͤckſicht trefflichen Fuͤrſten ein ſolides Gluͤck fand. Der Verluſt eines Freundes, wie Behriſch, war fuͤr mich von der groͤßten Bedeutung. Er hatte mich verzogen, indem er mich bilde¬ te, und ſeine Gegenwart war noͤthig, wenn das einigermaßen fuͤr die Societaͤt Frucht bringen ſollte, was er an mich zu wenden fuͤr gut gefunden hatte. Er wußte mich zu allerley Artigem und Schicklichem zu bewegen, was gerade am Platz war, und meine geſel¬ ligen Talente herauszuſetzen. Weil ich aber in ſolchen Dingen keine Selbſtſtaͤndigkeit er¬ worben hatte; ſo fiel ich gleich, da ich wie¬ der allein war, in mein wirriges, ſtoͤrriſches Weſen zuruͤck, welches immer zunahm je un¬ zufriedener ich uͤber meine Umgebung war, indem ich mir einbildete, daß ſie nicht mit mir zufrieden ſey. Mit der willkuͤhrlichſten Laune nahm ich uͤbel auf, was ich mir haͤtte zum Vortheil rechnen koͤnnen, entfernte man¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/230>, abgerufen am 25.11.2024.