Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

vorgezeigt haben, die es neu und lustig fan¬
den. Nun machte man Abschriften davon,
denen der Ruf des Clodiusischen Medons so¬
gleich eine schnelle Publicität verschaffte. All¬
gemeine Misbilligung erfolgte hierauf, und
die Urheber (man hatte bald erfahren, daß
es aus unserer Clike hervorgegangen war)
wurden höchlich getadelt: denn seit Cro¬
negk's
und Rost's Angriffen auf Gottsched
war dergleichen nicht wieder vorgekommen.
Wir hatten uns ohnehin früher schon zurück¬
gezogen, und nun befanden wir uns gar im
Falle der Schuhu's gegen die übrigen Vögel.
Auch in Dresden mochte man die Sache nicht
gut finden, und sie hatte für uns wo nicht
unangenehme, doch ernste Folgen. Der Graf
Lindenau war schon eine Zeit lang mit dem
Hofmeister seines Sohns nicht ganz zufrieden.
Denn obgleich der junge Mann keineswegs
vernachlässigt wurde und Behrisch sich entwe¬
der in dem Zimmer des jungen Grafen oder
wenigstens daneben hielt, wenn die Lehrmei¬

vorgezeigt haben, die es neu und luſtig fan¬
den. Nun machte man Abſchriften davon,
denen der Ruf des Clodiuſiſchen Medons ſo¬
gleich eine ſchnelle Publicitaͤt verſchaffte. All¬
gemeine Misbilligung erfolgte hierauf, und
die Urheber (man hatte bald erfahren, daß
es aus unſerer Clike hervorgegangen war)
wurden hoͤchlich getadelt: denn ſeit Cro¬
negk's
und Roſt's Angriffen auf Gottſched
war dergleichen nicht wieder vorgekommen.
Wir hatten uns ohnehin fruͤher ſchon zuruͤck¬
gezogen, und nun befanden wir uns gar im
Falle der Schuhu's gegen die uͤbrigen Voͤgel.
Auch in Dresden mochte man die Sache nicht
gut finden, und ſie hatte fuͤr uns wo nicht
unangenehme, doch ernſte Folgen. Der Graf
Lindenau war ſchon eine Zeit lang mit dem
Hofmeiſter ſeines Sohns nicht ganz zufrieden.
Denn obgleich der junge Mann keineswegs
vernachlaͤſſigt wurde und Behriſch ſich entwe¬
der in dem Zimmer des jungen Grafen oder
wenigſtens daneben hielt, wenn die Lehrmei¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0226" n="218"/>
vorgezeigt haben, die es neu und lu&#x017F;tig fan¬<lb/>
den. Nun machte man Ab&#x017F;chriften davon,<lb/>
denen der Ruf des Clodiu&#x017F;i&#x017F;chen Medons &#x017F;<lb/>
gleich eine &#x017F;chnelle Publicita&#x0364;t ver&#x017F;chaffte. All¬<lb/>
gemeine Misbilligung erfolgte hierauf, und<lb/>
die Urheber (man hatte bald erfahren, daß<lb/>
es aus un&#x017F;erer Clike hervorgegangen war)<lb/>
wurden ho&#x0364;chlich getadelt: denn &#x017F;eit <hi rendition="#g">Cro¬<lb/>
negk's</hi> und <hi rendition="#g">Ro&#x017F;t's</hi> Angriffen auf Gott&#x017F;ched<lb/>
war dergleichen nicht wieder vorgekommen.<lb/>
Wir hatten uns ohnehin fru&#x0364;her &#x017F;chon zuru&#x0364;ck¬<lb/>
gezogen, und nun befanden wir uns gar im<lb/>
Falle der Schuhu's gegen die u&#x0364;brigen Vo&#x0364;gel.<lb/>
Auch in Dresden mochte man die Sache nicht<lb/>
gut finden, und &#x017F;ie hatte fu&#x0364;r uns wo nicht<lb/>
unangenehme, doch ern&#x017F;te Folgen. Der Graf<lb/>
Lindenau war &#x017F;chon eine Zeit lang mit dem<lb/>
Hofmei&#x017F;ter &#x017F;eines Sohns nicht ganz zufrieden.<lb/>
Denn obgleich der junge Mann keineswegs<lb/>
vernachla&#x0364;&#x017F;&#x017F;igt wurde und Behri&#x017F;ch &#x017F;ich entwe¬<lb/>
der in dem Zimmer des jungen Grafen oder<lb/>
wenig&#x017F;tens daneben hielt, wenn die Lehrmei¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[218/0226] vorgezeigt haben, die es neu und luſtig fan¬ den. Nun machte man Abſchriften davon, denen der Ruf des Clodiuſiſchen Medons ſo¬ gleich eine ſchnelle Publicitaͤt verſchaffte. All¬ gemeine Misbilligung erfolgte hierauf, und die Urheber (man hatte bald erfahren, daß es aus unſerer Clike hervorgegangen war) wurden hoͤchlich getadelt: denn ſeit Cro¬ negk's und Roſt's Angriffen auf Gottſched war dergleichen nicht wieder vorgekommen. Wir hatten uns ohnehin fruͤher ſchon zuruͤck¬ gezogen, und nun befanden wir uns gar im Falle der Schuhu's gegen die uͤbrigen Voͤgel. Auch in Dresden mochte man die Sache nicht gut finden, und ſie hatte fuͤr uns wo nicht unangenehme, doch ernſte Folgen. Der Graf Lindenau war ſchon eine Zeit lang mit dem Hofmeiſter ſeines Sohns nicht ganz zufrieden. Denn obgleich der junge Mann keineswegs vernachlaͤſſigt wurde und Behriſch ſich entwe¬ der in dem Zimmer des jungen Grafen oder wenigſtens daneben hielt, wenn die Lehrmei¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/226
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/226>, abgerufen am 21.11.2024.