Augenblick überlegen fühlt, nicht allein keine Gefahr scheut, sondern sie vielmehr muthwillig herbeylockt. Der Grund davon lag in dem Uebermuthe, in welchem sich das kräftige Alter so sehr gefällt, und der, wenn er sich possen¬ haft äußert, sowohl im Augenblick, als in der Erinnerung viel Vergnügen macht. Diese Din¬ ge sind so gewöhnlich, daß sie in dem Wörter¬ buche unserer jungen academischen Freunde Suiten genannt werden, und daß man, we¬ gen der nahen Verwandtschaft, eben so gut Suiten reißen sagt, als Possen reißen.
Solche humoristische Kühnheiten, mit Geist und Sinn auf das Theater gebracht, sind von der größten Wirkung. Sie unterscheiden sich von der Intrigue dadurch, daß sie momentan sind, und daß ihr Zweck, wenn sie ja einen ha¬ ben sollten, nicht in der Ferne liegen darf. Beaumarchais hat ihren ganzen Werth ge¬ faßt, und die Wirkungen seiner Figaro's ent¬ springen vorzüglich daher. Wenn nun solche
Augenblick uͤberlegen fuͤhlt, nicht allein keine Gefahr ſcheut, ſondern ſie vielmehr muthwillig herbeylockt. Der Grund davon lag in dem Uebermuthe, in welchem ſich das kraͤftige Alter ſo ſehr gefaͤllt, und der, wenn er ſich poſſen¬ haft aͤußert, ſowohl im Augenblick, als in der Erinnerung viel Vergnuͤgen macht. Dieſe Din¬ ge ſind ſo gewoͤhnlich, daß ſie in dem Woͤrter¬ buche unſerer jungen academiſchen Freunde Suiten genannt werden, und daß man, we¬ gen der nahen Verwandtſchaft, eben ſo gut Suiten reißen ſagt, als Poſſen reißen.
Solche humoriſtiſche Kuͤhnheiten, mit Geiſt und Sinn auf das Theater gebracht, ſind von der groͤßten Wirkung. Sie unterſcheiden ſich von der Intrigue dadurch, daß ſie momentan ſind, und daß ihr Zweck, wenn ſie ja einen ha¬ ben ſollten, nicht in der Ferne liegen darf. Beaumarchais hat ihren ganzen Werth ge¬ faßt, und die Wirkungen ſeiner Figaro's ent¬ ſpringen vorzuͤglich daher. Wenn nun ſolche
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Augenblick uͤberlegen fuͤhlt, nicht allein keine
Gefahr ſcheut, ſondern ſie vielmehr muthwillig
herbeylockt. Der Grund davon lag in dem
Uebermuthe, in welchem ſich das kraͤftige Alter
ſo ſehr gefaͤllt, und der, wenn er ſich poſſen¬
haft aͤußert, ſowohl im Augenblick, als in der
Erinnerung viel Vergnuͤgen macht. Dieſe Din¬
ge ſind ſo gewoͤhnlich, daß ſie in dem Woͤrter¬
buche unſerer jungen academiſchen Freunde
Suiten genannt werden, und daß man, we¬
gen der nahen Verwandtſchaft, eben ſo gut
Suiten reißen ſagt, als Poſſen reißen.
Solche humoriſtiſche Kuͤhnheiten, mit Geiſt
und Sinn auf das Theater gebracht, ſind von
der groͤßten Wirkung. Sie unterſcheiden ſich
von der Intrigue dadurch, daß ſie momentan
ſind, und daß ihr Zweck, wenn ſie ja einen ha¬
ben ſollten, nicht in der Ferne liegen darf.
Beaumarchais hat ihren ganzen Werth ge¬
faßt, und die Wirkungen ſeiner Figaro's ent¬
ſpringen vorzuͤglich daher. Wenn nun ſolche
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/182>, abgerufen am 25.11.2024.
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