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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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gnügen, das wir ihnen gewährt haben, sehr
oft empfindlich büßen lassen.

Weder von Masern, noch Windblattern,
und wie die Quälgeister der Jugend heißen
mögen, blieb ich verschont, und jedesmal ver¬
sicherte man mir, es wäre ein Glück, daß
dieses Uebel nun für immer vorüber sey;
aber leider drohte schon wieder ein andres
im Hintergrund und rückte heran. Alle diese
Dinge vermehrten meinen Hang zum Nach¬
denken, und da ich, um das Peinliche der
Ungeduld von mir zu entfernen, mich schon
öfter im Ausdauern geübt hatte; so schienen
mir die Tugenden, welche ich an den Stoi¬
kern hatte rühmen hören, höchst nachahmens¬
werth, um so mehr als durch die christliche
Duldungslehre ein Aehnliches empfohlen wurde.

Bey Gelegenheit dieses Familienleidens
will ich auch noch eines Bruders gedenken,
welcher um drey Jahr jünger als ich, gleich¬

gnuͤgen, das wir ihnen gewaͤhrt haben, ſehr
oft empfindlich buͤßen laſſen.

Weder von Maſern, noch Windblattern,
und wie die Quaͤlgeiſter der Jugend heißen
moͤgen, blieb ich verſchont, und jedesmal ver¬
ſicherte man mir, es waͤre ein Gluͤck, daß
dieſes Uebel nun fuͤr immer voruͤber ſey;
aber leider drohte ſchon wieder ein andres
im Hintergrund und ruͤckte heran. Alle dieſe
Dinge vermehrten meinen Hang zum Nach¬
denken, und da ich, um das Peinliche der
Ungeduld von mir zu entfernen, mich ſchon
oͤfter im Ausdauern geuͤbt hatte; ſo ſchienen
mir die Tugenden, welche ich an den Stoi¬
kern hatte ruͤhmen hoͤren, hoͤchſt nachahmens¬
werth, um ſo mehr als durch die chriſtliche
Duldungslehre ein Aehnliches empfohlen wurde.

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will ich auch noch eines Bruders gedenken,
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[69/0085] gnuͤgen, das wir ihnen gewaͤhrt haben, ſehr oft empfindlich buͤßen laſſen. Weder von Maſern, noch Windblattern, und wie die Quaͤlgeiſter der Jugend heißen moͤgen, blieb ich verſchont, und jedesmal ver¬ ſicherte man mir, es waͤre ein Gluͤck, daß dieſes Uebel nun fuͤr immer voruͤber ſey; aber leider drohte ſchon wieder ein andres im Hintergrund und ruͤckte heran. Alle dieſe Dinge vermehrten meinen Hang zum Nach¬ denken, und da ich, um das Peinliche der Ungeduld von mir zu entfernen, mich ſchon oͤfter im Ausdauern geuͤbt hatte; ſo ſchienen mir die Tugenden, welche ich an den Stoi¬ kern hatte ruͤhmen hoͤren, hoͤchſt nachahmens¬ werth, um ſo mehr als durch die chriſtliche Duldungslehre ein Aehnliches empfohlen wurde. Bey Gelegenheit dieſes Familienleidens will ich auch noch eines Bruders gedenken, welcher um drey Jahr juͤnger als ich, gleich¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/85>, abgerufen am 28.11.2024.