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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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und der Erden, den ihm die Erklärung des
ersten Glaubens-Artikels so weise und gnä¬
dig vorstellte, hatte sich, indem er die Gerech¬
ten mit den Ungerechten gleichem Verderben
preis gab, keineswegs väterlich bewiesen.
Vergebens suchte das junge Gemüth sich ge¬
gen diese Eindrücke herzustellen, welches über¬
haupt um so weniger möglich war, als die
Weisen und Schriftgelehrten selbst sich über
die Art, wie man ein solches Phänomen an¬
zusehen habe, nicht vereinigen konnten.

Der folgende Sommer gab eine nähere
Gelegenheit, den zornigen Gott, von dem das
alte Testament so viel überliefert, unmittelbar
kennen zu lernen. Unversehens brach ein Ha¬
gelwetter herein und schlug die neuen Spie¬
gelscheiben der gegen Abend gelegenen Hin¬
terseite des Hauses unter Donner und Bli¬
tzen auf das gewaltsamste zusammen, beschä¬
digte die neuen Möbeln, verderbte einige
schätzbare Bücher und sonst werthe Dinge,

und der Erden, den ihm die Erklaͤrung des
erſten Glaubens-Artikels ſo weiſe und gnaͤ¬
dig vorſtellte, hatte ſich, indem er die Gerech¬
ten mit den Ungerechten gleichem Verderben
preis gab, keineswegs vaͤterlich bewieſen.
Vergebens ſuchte das junge Gemuͤth ſich ge¬
gen dieſe Eindruͤcke herzuſtellen, welches uͤber¬
haupt um ſo weniger moͤglich war, als die
Weiſen und Schriftgelehrten ſelbſt ſich uͤber
die Art, wie man ein ſolches Phaͤnomen an¬
zuſehen habe, nicht vereinigen konnten.

Der folgende Sommer gab eine naͤhere
Gelegenheit, den zornigen Gott, von dem das
alte Teſtament ſo viel uͤberliefert, unmittelbar
kennen zu lernen. Unverſehens brach ein Ha¬
gelwetter herein und ſchlug die neuen Spie¬
gelſcheiben der gegen Abend gelegenen Hin¬
terſeite des Hauſes unter Donner und Bli¬
tzen auf das gewaltſamſte zuſammen, beſchaͤ¬
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[53/0069] und der Erden, den ihm die Erklaͤrung des erſten Glaubens-Artikels ſo weiſe und gnaͤ¬ dig vorſtellte, hatte ſich, indem er die Gerech¬ ten mit den Ungerechten gleichem Verderben preis gab, keineswegs vaͤterlich bewieſen. Vergebens ſuchte das junge Gemuͤth ſich ge¬ gen dieſe Eindruͤcke herzuſtellen, welches uͤber¬ haupt um ſo weniger moͤglich war, als die Weiſen und Schriftgelehrten ſelbſt ſich uͤber die Art, wie man ein ſolches Phaͤnomen an¬ zuſehen habe, nicht vereinigen konnten. Der folgende Sommer gab eine naͤhere Gelegenheit, den zornigen Gott, von dem das alte Teſtament ſo viel uͤberliefert, unmittelbar kennen zu lernen. Unverſehens brach ein Ha¬ gelwetter herein und ſchlug die neuen Spie¬ gelſcheiben der gegen Abend gelegenen Hin¬ terſeite des Hauſes unter Donner und Bli¬ tzen auf das gewaltſamſte zuſammen, beſchaͤ¬ digte die neuen Moͤbeln, verderbte einige ſchaͤtzbare Buͤcher und ſonſt werthe Dinge,

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/69>, abgerufen am 24.11.2024.