Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

wöhnlich in solchen Waaren, womit die dar¬
bringende Stadt vorzüglich zu handlen pfleg¬
te. Der Pfeffer galt gleichsam für alle
Waaren, und so brachte auch hier der Ab¬
gesandte einen schön gedrechselten hölzernen
Pocal mit Pfeffer angefüllt. Ueber demsel¬
ben lagen ein Paar Handschuhe, wundersam
geschlitzt, mit Seide besteppt und bequastet,
als Zeichen einer gestatteten und angenomme¬
nen Vergünstigung, dessen sich auch wohl der
Kaiser selbst in gewissen Fällen bediente.
Daneben sah man ein weißes Stäbchen, wel¬
ches vormals bey gesetzlichen und gerichtlichen
Handlungen nicht leicht fehlen durfte. Es
waren noch einige kleine Silbermünzen hinzu¬
gefügt, und die Stadt Worms brachte einen
alten Filzhut, den sie immer wieder einlöste,
so daß derselbe viele Jahre ein Zeuge dieser
Ceremonien gewesen.

Nachdem der Gesandte seine Anrede gehal¬
ten, das Geschenk abgegeben, von dem Schult¬

woͤhnlich in ſolchen Waaren, womit die dar¬
bringende Stadt vorzuͤglich zu handlen pfleg¬
te. Der Pfeffer galt gleichſam fuͤr alle
Waaren, und ſo brachte auch hier der Ab¬
geſandte einen ſchoͤn gedrechſelten hoͤlzernen
Pocal mit Pfeffer angefuͤllt. Ueber demſel¬
ben lagen ein Paar Handſchuhe, wunderſam
geſchlitzt, mit Seide beſteppt und bequaſtet,
als Zeichen einer geſtatteten und angenomme¬
nen Verguͤnſtigung, deſſen ſich auch wohl der
Kaiſer ſelbſt in gewiſſen Faͤllen bediente.
Daneben ſah man ein weißes Staͤbchen, wel¬
ches vormals bey geſetzlichen und gerichtlichen
Handlungen nicht leicht fehlen durfte. Es
waren noch einige kleine Silbermuͤnzen hinzu¬
gefuͤgt, und die Stadt Worms brachte einen
alten Filzhut, den ſie immer wieder einloͤſte,
ſo daß derſelbe viele Jahre ein Zeuge dieſer
Ceremonien geweſen.

Nachdem der Geſandte ſeine Anrede gehal¬
ten, das Geſchenk abgegeben, von dem Schult¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0056" n="40"/>
wo&#x0364;hnlich in &#x017F;olchen Waaren, womit die dar¬<lb/>
bringende Stadt vorzu&#x0364;glich zu handlen pfleg¬<lb/>
te. Der Pfeffer galt gleich&#x017F;am fu&#x0364;r alle<lb/>
Waaren, und &#x017F;o brachte auch hier der Ab¬<lb/>
ge&#x017F;andte einen &#x017F;cho&#x0364;n gedrech&#x017F;elten ho&#x0364;lzernen<lb/>
Pocal mit Pfeffer angefu&#x0364;llt. Ueber dem&#x017F;el¬<lb/>
ben lagen ein Paar Hand&#x017F;chuhe, wunder&#x017F;am<lb/>
ge&#x017F;chlitzt, mit Seide be&#x017F;teppt und bequa&#x017F;tet,<lb/>
als Zeichen einer ge&#x017F;tatteten und angenomme¬<lb/>
nen Vergu&#x0364;n&#x017F;tigung, de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich auch wohl der<lb/>
Kai&#x017F;er &#x017F;elb&#x017F;t in gewi&#x017F;&#x017F;en Fa&#x0364;llen bediente.<lb/>
Daneben &#x017F;ah man ein weißes Sta&#x0364;bchen, wel¬<lb/>
ches vormals bey ge&#x017F;etzlichen und gerichtlichen<lb/>
Handlungen nicht leicht fehlen durfte. Es<lb/>
waren noch einige kleine Silbermu&#x0364;nzen hinzu¬<lb/>
gefu&#x0364;gt, und die Stadt Worms brachte einen<lb/>
alten Filzhut, den &#x017F;ie immer wieder einlo&#x0364;&#x017F;te,<lb/>
&#x017F;o daß der&#x017F;elbe viele Jahre ein Zeuge die&#x017F;er<lb/>
Ceremonien gewe&#x017F;en.</p><lb/>
      <p>Nachdem der Ge&#x017F;andte &#x017F;eine Anrede gehal¬<lb/>
ten, das Ge&#x017F;chenk abgegeben, von dem Schult¬<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[40/0056] woͤhnlich in ſolchen Waaren, womit die dar¬ bringende Stadt vorzuͤglich zu handlen pfleg¬ te. Der Pfeffer galt gleichſam fuͤr alle Waaren, und ſo brachte auch hier der Ab¬ geſandte einen ſchoͤn gedrechſelten hoͤlzernen Pocal mit Pfeffer angefuͤllt. Ueber demſel¬ ben lagen ein Paar Handſchuhe, wunderſam geſchlitzt, mit Seide beſteppt und bequaſtet, als Zeichen einer geſtatteten und angenomme¬ nen Verguͤnſtigung, deſſen ſich auch wohl der Kaiſer ſelbſt in gewiſſen Faͤllen bediente. Daneben ſah man ein weißes Staͤbchen, wel¬ ches vormals bey geſetzlichen und gerichtlichen Handlungen nicht leicht fehlen durfte. Es waren noch einige kleine Silbermuͤnzen hinzu¬ gefuͤgt, und die Stadt Worms brachte einen alten Filzhut, den ſie immer wieder einloͤſte, ſo daß derſelbe viele Jahre ein Zeuge dieſer Ceremonien geweſen. Nachdem der Geſandte ſeine Anrede gehal¬ ten, das Geſchenk abgegeben, von dem Schult¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/56
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/56>, abgerufen am 24.11.2024.