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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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voll, strich es ab und trug es mit großem
Anstande wieder zurück. Der kaiserliche Mar¬
stall war nunmehr versorgt. Der Erbcäm¬
merer ritt sodann gleichfalls auf jene Gegend
zu und brachte ein Handbecken nebst Gießfaß
und Handquele zurück. Unterhaltender aber
für die Zuschauer war der Erbtruchseß, der
ein Stück von dem gebratnen Ochsen zu holen
kam. Auch er ritt mit einer silbernen Schüs¬
sel durch die Schranken bis zu der großen
Bretterküche, und kam bald mit verdecktem
Gericht wieder hervor, um seinen Weg nach
dem Römer zu nehmen. Die Reihe traf nun
den Erbschenken, der zu dem Springbrunnen
ritt und Wein holte. So war nun auch die
kaiserliche Tafel bestellt, und aller Augen war¬
teten auf den Erbschatzmeister, der das Geld
auswerfen sollte. Auch er bestieg ein schönes
Roß, dem zu beyden Seiten des Sattels an¬
statt der Pistolenhalftern ein paar prächtige,
mit dem churpfälzischen Wappen gestickte
Beutel befestigt hingen. Kaum hatte er sich

voll, ſtrich es ab und trug es mit großem
Anſtande wieder zuruͤck. Der kaiſerliche Mar¬
ſtall war nunmehr verſorgt. Der Erbcaͤm¬
merer ritt ſodann gleichfalls auf jene Gegend
zu und brachte ein Handbecken nebſt Gießfaß
und Handquele zuruͤck. Unterhaltender aber
fuͤr die Zuſchauer war der Erbtruchſeß, der
ein Stuͤck von dem gebratnen Ochſen zu holen
kam. Auch er ritt mit einer ſilbernen Schuͤſ¬
ſel durch die Schranken bis zu der großen
Bretterkuͤche, und kam bald mit verdecktem
Gericht wieder hervor, um ſeinen Weg nach
dem Roͤmer zu nehmen. Die Reihe traf nun
den Erbſchenken, der zu dem Springbrunnen
ritt und Wein holte. So war nun auch die
kaiſerliche Tafel beſtellt, und aller Augen war¬
teten auf den Erbſchatzmeiſter, der das Geld
auswerfen ſollte. Auch er beſtieg ein ſchoͤnes
Roß, dem zu beyden Seiten des Sattels an¬
ſtatt der Piſtolenhalftern ein paar praͤchtige,
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[486/0502] voll, ſtrich es ab und trug es mit großem Anſtande wieder zuruͤck. Der kaiſerliche Mar¬ ſtall war nunmehr verſorgt. Der Erbcaͤm¬ merer ritt ſodann gleichfalls auf jene Gegend zu und brachte ein Handbecken nebſt Gießfaß und Handquele zuruͤck. Unterhaltender aber fuͤr die Zuſchauer war der Erbtruchſeß, der ein Stuͤck von dem gebratnen Ochſen zu holen kam. Auch er ritt mit einer ſilbernen Schuͤſ¬ ſel durch die Schranken bis zu der großen Bretterkuͤche, und kam bald mit verdecktem Gericht wieder hervor, um ſeinen Weg nach dem Roͤmer zu nehmen. Die Reihe traf nun den Erbſchenken, der zu dem Springbrunnen ritt und Wein holte. So war nun auch die kaiſerliche Tafel beſtellt, und aller Augen war¬ teten auf den Erbſchatzmeiſter, der das Geld auswerfen ſollte. Auch er beſtieg ein ſchoͤnes Roß, dem zu beyden Seiten des Sattels an¬ ſtatt der Piſtolenhalftern ein paar praͤchtige, mit dem churpfaͤlziſchen Wappen geſtickte Beutel befeſtigt hingen. Kaum hatte er ſich

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 486. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/502>, abgerufen am 24.11.2024.