Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

sen unterhandelte man doch, und nahm von
beyden Seiten die Sache nicht aufs strengste.
Maria Theresia selbst, obgleich in gesegneten
Umständen, kommt, um die endlich durchgesetzte
Krönung ihres Gemahls in Person zu sehen.
Sie traf in Aschaffenburg ein und bestieg eine
Jacht, um sich nach Frankfurt zu begeben.
Franz, von Heidelberg aus, denkt seiner Ge¬
mahlin zu begegnen, allein er kommt zu spät,
sie ist schon abgefahren. Ungekannt wirft er
sich in einen kleinen Nachen, eilt ihr nach,
erreicht ihr Schiff, und das liebende Paar er¬
freut sich dieser überraschenden Zusammenkunft.
Das Mährchen davon verbreitet sich sogleich,
und alle Welt nimmt Theil an diesem zärt¬
lichen mit Kindern reich gesegneten Ehepaar,
das seit seiner Verbindung so unzertrennlich
gewesen, daß sie schon einmal auf einer Rei¬
se von Wien nach Florenz zusammen an der
Venetianischen Gränze Quarantäne halten
müssen. Maria Theresia wird in der Stadt
mit Jubel bewillkommt, sie betritt den Gast¬

ſen unterhandelte man doch, und nahm von
beyden Seiten die Sache nicht aufs ſtrengſte.
Maria Thereſia ſelbſt, obgleich in geſegneten
Umſtaͤnden, kommt, um die endlich durchgeſetzte
Kroͤnung ihres Gemahls in Perſon zu ſehen.
Sie traf in Aſchaffenburg ein und beſtieg eine
Jacht, um ſich nach Frankfurt zu begeben.
Franz, von Heidelberg aus, denkt ſeiner Ge¬
mahlin zu begegnen, allein er kommt zu ſpaͤt,
ſie iſt ſchon abgefahren. Ungekannt wirft er
ſich in einen kleinen Nachen, eilt ihr nach,
erreicht ihr Schiff, und das liebende Paar er¬
freut ſich dieſer uͤberraſchenden Zuſammenkunft.
Das Maͤhrchen davon verbreitet ſich ſogleich,
und alle Welt nimmt Theil an dieſem zaͤrt¬
lichen mit Kindern reich geſegneten Ehepaar,
das ſeit ſeiner Verbindung ſo unzertrennlich
geweſen, daß ſie ſchon einmal auf einer Rei¬
ſe von Wien nach Florenz zuſammen an der
Venetianiſchen Graͤnze Quarantaͤne halten
muͤſſen. Maria Thereſia wird in der Stadt
mit Jubel bewillkommt, ſie betritt den Gaſt¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0477" n="461"/>
&#x017F;en unterhandelte man doch, und nahm von<lb/>
beyden Seiten die Sache nicht aufs &#x017F;treng&#x017F;te.<lb/>
Maria There&#x017F;ia &#x017F;elb&#x017F;t, obgleich in ge&#x017F;egneten<lb/>
Um&#x017F;ta&#x0364;nden, kommt, um die endlich durchge&#x017F;etzte<lb/>
Kro&#x0364;nung ihres Gemahls in Per&#x017F;on zu &#x017F;ehen.<lb/>
Sie traf in A&#x017F;chaffenburg ein und be&#x017F;tieg eine<lb/>
Jacht, um &#x017F;ich nach Frankfurt zu begeben.<lb/>
Franz, von Heidelberg aus, denkt &#x017F;einer Ge¬<lb/>
mahlin zu begegnen, allein er kommt zu &#x017F;pa&#x0364;t,<lb/>
&#x017F;ie i&#x017F;t &#x017F;chon abgefahren. Ungekannt wirft er<lb/>
&#x017F;ich in einen kleinen Nachen, eilt ihr nach,<lb/>
erreicht ihr Schiff, und das liebende Paar er¬<lb/>
freut &#x017F;ich die&#x017F;er u&#x0364;berra&#x017F;chenden Zu&#x017F;ammenkunft.<lb/>
Das Ma&#x0364;hrchen davon verbreitet &#x017F;ich &#x017F;ogleich,<lb/>
und alle Welt nimmt Theil an die&#x017F;em za&#x0364;rt¬<lb/>
lichen mit Kindern reich ge&#x017F;egneten Ehepaar,<lb/>
das &#x017F;eit &#x017F;einer Verbindung &#x017F;o unzertrennlich<lb/>
gewe&#x017F;en, daß &#x017F;ie &#x017F;chon einmal auf einer Rei¬<lb/>
&#x017F;e von Wien nach Florenz zu&#x017F;ammen an der<lb/>
Venetiani&#x017F;chen Gra&#x0364;nze Quaranta&#x0364;ne halten<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Maria There&#x017F;ia wird in der Stadt<lb/>
mit Jubel bewillkommt, &#x017F;ie betritt den Ga&#x017F;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[461/0477] ſen unterhandelte man doch, und nahm von beyden Seiten die Sache nicht aufs ſtrengſte. Maria Thereſia ſelbſt, obgleich in geſegneten Umſtaͤnden, kommt, um die endlich durchgeſetzte Kroͤnung ihres Gemahls in Perſon zu ſehen. Sie traf in Aſchaffenburg ein und beſtieg eine Jacht, um ſich nach Frankfurt zu begeben. Franz, von Heidelberg aus, denkt ſeiner Ge¬ mahlin zu begegnen, allein er kommt zu ſpaͤt, ſie iſt ſchon abgefahren. Ungekannt wirft er ſich in einen kleinen Nachen, eilt ihr nach, erreicht ihr Schiff, und das liebende Paar er¬ freut ſich dieſer uͤberraſchenden Zuſammenkunft. Das Maͤhrchen davon verbreitet ſich ſogleich, und alle Welt nimmt Theil an dieſem zaͤrt¬ lichen mit Kindern reich geſegneten Ehepaar, das ſeit ſeiner Verbindung ſo unzertrennlich geweſen, daß ſie ſchon einmal auf einer Rei¬ ſe von Wien nach Florenz zuſammen an der Venetianiſchen Graͤnze Quarantaͤne halten muͤſſen. Maria Thereſia wird in der Stadt mit Jubel bewillkommt, ſie betritt den Gaſt¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/477
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 461. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/477>, abgerufen am 24.11.2024.