daß die äußere Herrlichkeit der Welt, seit einer Reihe von Jahren, sich immer mehr in die Höhe und Breite ausgedehnt. Man hatte gemessen und gefunden, daß durch diesen Thor¬ weg, durch welchen so mancher Fürst und Kaiser aus und eingezogen, der jetzige kaiser¬ liche Staatswagen, ohne mit seinem Schnitz¬ werk und andern Aeußerlichkeiten anzustoßen, nicht hindurchkommen könne. Man berath¬ schlagte, und zu Vermeidung eines unbequemen Umwegs, entschloß man sich das Pflaster aufzuheben, und eine sanfte Ab- und Auf¬ fahrt zu veranstalten. In eben dem Sinne hatte man auch alle Wetterdächer der Läden und Buden in den Straßen ausgehoben, da¬ mit weder die Krone, noch der Adler, noch die Genien Anstoß und Schaden nehmen möchten.
So sehr wir auch, als dieses kostbare Gefäß mit so kostbarem Inhalt sich uns näherte, auf die hohen Personen unsere Augen gerichtet hatten, so konnten wir doch
daß die aͤußere Herrlichkeit der Welt, ſeit einer Reihe von Jahren, ſich immer mehr in die Hoͤhe und Breite ausgedehnt. Man hatte gemeſſen und gefunden, daß durch dieſen Thor¬ weg, durch welchen ſo mancher Fuͤrſt und Kaiſer aus und eingezogen, der jetzige kaiſer¬ liche Staatswagen, ohne mit ſeinem Schnitz¬ werk und andern Aeußerlichkeiten anzuſtoßen, nicht hindurchkommen koͤnne. Man berath¬ ſchlagte, und zu Vermeidung eines unbequemen Umwegs, entſchloß man ſich das Pflaſter aufzuheben, und eine ſanfte Ab- und Auf¬ fahrt zu veranſtalten. In eben dem Sinne hatte man auch alle Wetterdaͤcher der Laͤden und Buden in den Straßen ausgehoben, da¬ mit weder die Krone, noch der Adler, noch die Genien Anſtoß und Schaden nehmen moͤchten.
So ſehr wir auch, als dieſes koſtbare Gefaͤß mit ſo koſtbarem Inhalt ſich uns naͤherte, auf die hohen Perſonen unſere Augen gerichtet hatten, ſo konnten wir doch
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daß die aͤußere Herrlichkeit der Welt, ſeit einer
Reihe von Jahren, ſich immer mehr in die
Hoͤhe und Breite ausgedehnt. Man hatte
gemeſſen und gefunden, daß durch dieſen Thor¬
weg, durch welchen ſo mancher Fuͤrſt und
Kaiſer aus und eingezogen, der jetzige kaiſer¬
liche Staatswagen, ohne mit ſeinem Schnitz¬
werk und andern Aeußerlichkeiten anzuſtoßen,
nicht hindurchkommen koͤnne. Man berath¬
ſchlagte, und zu Vermeidung eines unbequemen
Umwegs, entſchloß man ſich das Pflaſter
aufzuheben, und eine ſanfte Ab- und Auf¬
fahrt zu veranſtalten. In eben dem Sinne
hatte man auch alle Wetterdaͤcher der Laͤden
und Buden in den Straßen ausgehoben, da¬
mit weder die Krone, noch der Adler, noch die
Genien Anſtoß und Schaden nehmen moͤchten.
So ſehr wir auch, als dieſes koſtbare
Gefaͤß mit ſo koſtbarem Inhalt ſich uns
naͤherte, auf die hohen Perſonen unſere
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/473>, abgerufen am 24.11.2024.
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