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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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wünscht, um nur ein etwas consequenteres
Costum zu erblicken.

Im Betragen unterschied sich auch hier
der Gesandte von Plotho wieder vor allen
andern. Er zeigte sich lebhaft und munter,
und schien vor der ganzen Ceremonie nicht
sonderlichen Respect zu haben. Denn als sein
Vordermann, ein ältlicher Herr, sich nicht
sogleich aufs Pferd schwingen konnte, und
er deshalb eine Weile an dem großen Ein¬
gang warten mußte, enthielt er sich des La¬
chens nicht, bis sein Pferd auch vorgeführt
wurde, auf welches er sich denn sehr behend
hinaufschwang und von uns abermals als ein
würdiger Abgesandter Friedrichs des zweyten
bewundert wurde.

Nun war für uns der Vorhang wieder
gefallen. Ich hatte mich zwar in die Kirche
zu drängen gesucht; allein es fand sich auch
dort mehr Unbequemlichkeit als Lust. Die

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wuͤnſcht, um nur ein etwas conſequenteres
Coſtum zu erblicken.

Im Betragen unterſchied ſich auch hier
der Geſandte von Plotho wieder vor allen
andern. Er zeigte ſich lebhaft und munter,
und ſchien vor der ganzen Ceremonie nicht
ſonderlichen Reſpect zu haben. Denn als ſein
Vordermann, ein aͤltlicher Herr, ſich nicht
ſogleich aufs Pferd ſchwingen konnte, und
er deshalb eine Weile an dem großen Ein¬
gang warten mußte, enthielt er ſich des La¬
chens nicht, bis ſein Pferd auch vorgefuͤhrt
wurde, auf welches er ſich denn ſehr behend
hinaufſchwang und von uns abermals als ein
wuͤrdiger Abgeſandter Friedrichs des zweyten
bewundert wurde.

Nun war fuͤr uns der Vorhang wieder
gefallen. Ich hatte mich zwar in die Kirche
zu draͤngen geſucht; allein es fand ſich auch
dort mehr Unbequemlichkeit als Luſt. Die

l. 29
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[449/0465] wuͤnſcht, um nur ein etwas conſequenteres Coſtum zu erblicken. Im Betragen unterſchied ſich auch hier der Geſandte von Plotho wieder vor allen andern. Er zeigte ſich lebhaft und munter, und ſchien vor der ganzen Ceremonie nicht ſonderlichen Reſpect zu haben. Denn als ſein Vordermann, ein aͤltlicher Herr, ſich nicht ſogleich aufs Pferd ſchwingen konnte, und er deshalb eine Weile an dem großen Ein¬ gang warten mußte, enthielt er ſich des La¬ chens nicht, bis ſein Pferd auch vorgefuͤhrt wurde, auf welches er ſich denn ſehr behend hinaufſchwang und von uns abermals als ein wuͤrdiger Abgeſandter Friedrichs des zweyten bewundert wurde. Nun war fuͤr uns der Vorhang wieder gefallen. Ich hatte mich zwar in die Kirche zu draͤngen geſucht; allein es fand ſich auch dort mehr Unbequemlichkeit als Luſt. Die l. 29

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 449. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/465>, abgerufen am 01.10.2024.