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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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wand umhinge. Wie diese Behandlungsart
sich nach und nach beliebt gemacht, davon
muß gleichfalls künftig die Rede seyn; doch
bemerke ich hier soviel, daß sie weiter als
durch Lavater und seine Nacheiferer wohl
nicht getrieben worden, indem einer derselben
die heiligen drey Könige, wie sie zu Bethle¬
hem einreiten, so modern schilderte, daß die
Fürsten und Herren, welche Lavatern zu be¬
suchen pflegten, persönlich darin nicht zu ver¬
kennen waren.

Wir lassen also für dießmal den Chur¬
fürsten Emmerich Joseph so zu sagen
incognito im Compostell eintreffen, und wen¬
den uns zu Gretchen, die ich, eben als die
Volksmenge sich verlief, von Pylades und
seiner Schönen begleitet (denn diese drey
schienen nun unzertrennlich zu seyn) im Ge¬
tümmel erblickte. Wir hatten uns kaum er¬
reicht und begrüßt, als schon ausgemacht war,
daß wir diesen Abend zusammen zubringen woll¬

wand umhinge. Wie dieſe Behandlungsart
ſich nach und nach beliebt gemacht, davon
muß gleichfalls kuͤnftig die Rede ſeyn; doch
bemerke ich hier ſoviel, daß ſie weiter als
durch Lavater und ſeine Nacheiferer wohl
nicht getrieben worden, indem einer derſelben
die heiligen drey Koͤnige, wie ſie zu Bethle¬
hem einreiten, ſo modern ſchilderte, daß die
Fuͤrſten und Herren, welche Lavatern zu be¬
ſuchen pflegten, perſoͤnlich darin nicht zu ver¬
kennen waren.

Wir laſſen alſo fuͤr dießmal den Chur¬
fuͤrſten Emmerich Joſeph ſo zu ſagen
incognito im Compoſtell eintreffen, und wen¬
den uns zu Gretchen, die ich, eben als die
Volksmenge ſich verlief, von Pylades und
ſeiner Schoͤnen begleitet (denn dieſe drey
ſchienen nun unzertrennlich zu ſeyn) im Ge¬
tuͤmmel erblickte. Wir hatten uns kaum er¬
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[441/0457] wand umhinge. Wie dieſe Behandlungsart ſich nach und nach beliebt gemacht, davon muß gleichfalls kuͤnftig die Rede ſeyn; doch bemerke ich hier ſoviel, daß ſie weiter als durch Lavater und ſeine Nacheiferer wohl nicht getrieben worden, indem einer derſelben die heiligen drey Koͤnige, wie ſie zu Bethle¬ hem einreiten, ſo modern ſchilderte, daß die Fuͤrſten und Herren, welche Lavatern zu be¬ ſuchen pflegten, perſoͤnlich darin nicht zu ver¬ kennen waren. Wir laſſen alſo fuͤr dießmal den Chur¬ fuͤrſten Emmerich Joſeph ſo zu ſagen incognito im Compoſtell eintreffen, und wen¬ den uns zu Gretchen, die ich, eben als die Volksmenge ſich verlief, von Pylades und ſeiner Schoͤnen begleitet (denn dieſe drey ſchienen nun unzertrennlich zu ſeyn) im Ge¬ tuͤmmel erblickte. Wir hatten uns kaum er¬ reicht und begruͤßt, als ſchon ausgemacht war, daß wir dieſen Abend zuſammen zubringen woll¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/457>, abgerufen am 24.11.2024.