Der Einzug des Churfürsten von Mainz erfolgte den 21ten März. Hier fing nun das Canoniren an, mit dem wir auf lange Zeit mehrmals betäubt werden sollten. Wich¬ tig in der Reihe der Ceremonien war diese Festlichkeit: denn alle die Männer, die wir bisher auftreten sahen, waren, so hoch sie auch standen, doch immer nur Untergeord¬ nete; hier aber erschien ein Souverain, ein selbständiger Fürst, der erste nach dem Kaiser, von einem großen seiner würdigen Gefolge eingeführt und begleitet. Von dem Pompe dieses Einzugs würde ich hier manches zu er¬ zählen haben, wenn ich nicht später wieder darauf zurückzukommen gedächte, und zwar bey einer Gelegenheit, die Niemand leicht errathen sollte.
An demselben Tage nämlich kam Lavater, auf seinem Rückwege von Berlin nach Hause begriffen, durch Frankfurt, und sah diese Feyerlichkelt mit an. Ob nun gleich solche
Der Einzug des Churfuͤrſten von Mainz erfolgte den 21ten Maͤrz. Hier fing nun das Canoniren an, mit dem wir auf lange Zeit mehrmals betaͤubt werden ſollten. Wich¬ tig in der Reihe der Ceremonien war dieſe Feſtlichkeit: denn alle die Maͤnner, die wir bisher auftreten ſahen, waren, ſo hoch ſie auch ſtanden, doch immer nur Untergeord¬ nete; hier aber erſchien ein Souverain, ein ſelbſtaͤndiger Fuͤrſt, der erſte nach dem Kaiſer, von einem großen ſeiner wuͤrdigen Gefolge eingefuͤhrt und begleitet. Von dem Pompe dieſes Einzugs wuͤrde ich hier manches zu er¬ zaͤhlen haben, wenn ich nicht ſpaͤter wieder darauf zuruͤckzukommen gedaͤchte, und zwar bey einer Gelegenheit, die Niemand leicht errathen ſollte.
An demſelben Tage naͤmlich kam Lavater, auf ſeinem Ruͤckwege von Berlin nach Hauſe begriffen, durch Frankfurt, und ſah dieſe Feyerlichkelt mit an. Ob nun gleich ſolche
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Der Einzug des Churfuͤrſten von Mainz
erfolgte den 21ten Maͤrz. Hier fing nun
das Canoniren an, mit dem wir auf lange
Zeit mehrmals betaͤubt werden ſollten. Wich¬
tig in der Reihe der Ceremonien war dieſe
Feſtlichkeit: denn alle die Maͤnner, die wir
bisher auftreten ſahen, waren, ſo hoch ſie
auch ſtanden, doch immer nur Untergeord¬
nete; hier aber erſchien ein Souverain, ein
ſelbſtaͤndiger Fuͤrſt, der erſte nach dem Kaiſer,
von einem großen ſeiner wuͤrdigen Gefolge
eingefuͤhrt und begleitet. Von dem Pompe
dieſes Einzugs wuͤrde ich hier manches zu er¬
zaͤhlen haben, wenn ich nicht ſpaͤter wieder
darauf zuruͤckzukommen gedaͤchte, und zwar
bey einer Gelegenheit, die Niemand leicht
errathen ſollte.
An demſelben Tage naͤmlich kam Lavater,
auf ſeinem Ruͤckwege von Berlin nach Hauſe
begriffen, durch Frankfurt, und ſah dieſe
Feyerlichkelt mit an. Ob nun gleich ſolche
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/455>, abgerufen am 24.11.2024.
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