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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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Sie betrafen einige Stellen, die freylich
mehr auf Gretchens Zustand, als auf den
jenes Frauenzimmers paßten, das von gutem
Hause, wohlhabend, in der Stadt bekannt
und angesehen war. Nachdem der junge
Mann mir die gewünschten Aenderungen ar¬
ticulirt und ein Schreibzeug herbeygeholt
hatte, sich aber wegen eines Geschäfts auf
kurze Zeit beurlaubte, blieb ich auf der
Wandbank hinter dem großen Tische sitzen,
und probierte die zu machenden Veränderun¬
gen auf der großen, fast den ganzen Tisch
einnehmenden Schieferplatte, mit einem Grif¬
fel, der stets im Fenster lag, weil man auf
dieser Steinfläche oft rechnete, sich mancher¬
ley notirte, ja die Gehenden und Kommen¬
den sich sogar Notizen dadurch mittheilten.

Ich hatte eine Zeit lang verschiedenes ge¬
schrieben und wieder ausgelöscht, als ich un¬
geduldig ausrief: es will nicht gehen! --
"Desto besser! sagte das liebe Mädchen, mit

Sie betrafen einige Stellen, die freylich
mehr auf Gretchens Zuſtand, als auf den
jenes Frauenzimmers paßten, das von gutem
Hauſe, wohlhabend, in der Stadt bekannt
und angeſehen war. Nachdem der junge
Mann mir die gewuͤnſchten Aenderungen ar¬
ticulirt und ein Schreibzeug herbeygeholt
hatte, ſich aber wegen eines Geſchaͤfts auf
kurze Zeit beurlaubte, blieb ich auf der
Wandbank hinter dem großen Tiſche ſitzen,
und probierte die zu machenden Veraͤnderun¬
gen auf der großen, faſt den ganzen Tiſch
einnehmenden Schieferplatte, mit einem Grif¬
fel, der ſtets im Fenſter lag, weil man auf
dieſer Steinflaͤche oft rechnete, ſich mancher¬
ley notirte, ja die Gehenden und Kommen¬
den ſich ſogar Notizen dadurch mittheilten.

Ich hatte eine Zeit lang verſchiedenes ge¬
ſchrieben und wieder ausgeloͤſcht, als ich un¬
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[400/0416] Sie betrafen einige Stellen, die freylich mehr auf Gretchens Zuſtand, als auf den jenes Frauenzimmers paßten, das von gutem Hauſe, wohlhabend, in der Stadt bekannt und angeſehen war. Nachdem der junge Mann mir die gewuͤnſchten Aenderungen ar¬ ticulirt und ein Schreibzeug herbeygeholt hatte, ſich aber wegen eines Geſchaͤfts auf kurze Zeit beurlaubte, blieb ich auf der Wandbank hinter dem großen Tiſche ſitzen, und probierte die zu machenden Veraͤnderun¬ gen auf der großen, faſt den ganzen Tiſch einnehmenden Schieferplatte, mit einem Grif¬ fel, der ſtets im Fenſter lag, weil man auf dieſer Steinflaͤche oft rechnete, ſich mancher¬ ley notirte, ja die Gehenden und Kommen¬ den ſich ſogar Notizen dadurch mittheilten. Ich hatte eine Zeit lang verſchiedenes ge¬ ſchrieben und wieder ausgeloͤſcht, als ich un¬ geduldig ausrief: es will nicht gehen! — „Deſto beſſer! ſagte das liebe Maͤdchen, mit

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/416>, abgerufen am 24.11.2024.