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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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"Da kommt eben der Ungläubige!" sagte
mein Freund. -- Wir wollen nicht davon
reden, war meine Antwort. Was hilfts,
man bekehrt sie doch nicht. -- "Mit nich¬
ten, sagte der Freund: ich kann es ihm nicht
so hingehen lassen."

Nach einer kurzen gleichgültigen Unter¬
haltung konnte es der für mich nur allzu¬
wohlgesinnte junge Gesell nicht lassen, und
sagte mit einiger Empfindlichkeit gegen jenen:
"Hier ist nun der Freund, der die hübschen
Verse gemacht hat, und die ihr ihm nicht
zutrauen wollt." -- Er wird es gewiß nicht
übel nehmen, versetzte jener: denn es ist ja
eine Ehre die wir ihm erweisen, wenn wir
glauben, daß weit mehr Gelehrsamkeit dazu
gehöre, solche Verse zu machen, als er bey
seiner Jugend besitzen kann. -- Ich erwie¬
derte etwas Gleichgültiges; mein Freund aber
fuhr fort: "Es wird nicht viel Mühe kosten,
euch zu überzeugen. Gebt ihm irgend ein

„Da kommt eben der Unglaͤubige!“ ſagte
mein Freund. — Wir wollen nicht davon
reden, war meine Antwort. Was hilfts,
man bekehrt ſie doch nicht. — „Mit nich¬
ten, ſagte der Freund: ich kann es ihm nicht
ſo hingehen laſſen.“

Nach einer kurzen gleichguͤltigen Unter¬
haltung konnte es der fuͤr mich nur allzu¬
wohlgeſinnte junge Geſell nicht laſſen, und
ſagte mit einiger Empfindlichkeit gegen jenen:
„Hier iſt nun der Freund, der die huͤbſchen
Verſe gemacht hat, und die ihr ihm nicht
zutrauen wollt.“ — Er wird es gewiß nicht
uͤbel nehmen, verſetzte jener: denn es iſt ja
eine Ehre die wir ihm erweiſen, wenn wir
glauben, daß weit mehr Gelehrſamkeit dazu
gehoͤre, ſolche Verſe zu machen, als er bey
ſeiner Jugend beſitzen kann. — Ich erwie¬
derte etwas Gleichguͤltiges; mein Freund aber
fuhr fort: „Es wird nicht viel Muͤhe koſten,
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[389/0405] „Da kommt eben der Unglaͤubige!“ ſagte mein Freund. — Wir wollen nicht davon reden, war meine Antwort. Was hilfts, man bekehrt ſie doch nicht. — „Mit nich¬ ten, ſagte der Freund: ich kann es ihm nicht ſo hingehen laſſen.“ Nach einer kurzen gleichguͤltigen Unter¬ haltung konnte es der fuͤr mich nur allzu¬ wohlgeſinnte junge Geſell nicht laſſen, und ſagte mit einiger Empfindlichkeit gegen jenen: „Hier iſt nun der Freund, der die huͤbſchen Verſe gemacht hat, und die ihr ihm nicht zutrauen wollt.“ — Er wird es gewiß nicht uͤbel nehmen, verſetzte jener: denn es iſt ja eine Ehre die wir ihm erweiſen, wenn wir glauben, daß weit mehr Gelehrſamkeit dazu gehoͤre, ſolche Verſe zu machen, als er bey ſeiner Jugend beſitzen kann. — Ich erwie¬ derte etwas Gleichguͤltiges; mein Freund aber fuhr fort: „Es wird nicht viel Muͤhe koſten, euch zu uͤberzeugen. Gebt ihm irgend ein

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/405>, abgerufen am 24.11.2024.