Farbe günstig hervortreten und das Ganze ein Kunststück geben sollte, werth in dem Schatzgewölbe eines Kaisers aufbewahrt zu stehen. Er hatte nach seiner zerstreuten Art mehrere Jahre daran gearbeitet, und eilte nun, weil man nach dem bald zu hoffenden Frieden die Ankunft des Kaisers zur Krö¬ nung seines Sohns in Frankfurt erwartete, es vollständig zu machen und endlich zusam¬ menzubringen. Meine Lust dergleichen Ge¬ genstände kennen zu lernen, benutzte er sehr gewandt, um mich als einen Mahnboten zu zerstreuen und von meinem Vorsatz abzulen¬ ken. Er suchte mir die Kenntniß dieser Steine beyzubringen, machte mich auf ihre Eigenschaften, ihren Werth aufmerksam, so daß ich sein ganzes Bouquet zuletzt auswen¬ dig wußte, und es eben so gut wie er einem Kunden hätte anpreisend vordemonstriren kön¬ nen. Es ist mir noch jetzt gegenwärtig, und ich habe wohl kostbarere aber nicht anmuthi¬ gere Schau- und Prachtstücke dieser Art ge¬
Farbe guͤnſtig hervortreten und das Ganze ein Kunſtſtuͤck geben ſollte, werth in dem Schatzgewoͤlbe eines Kaiſers aufbewahrt zu ſtehen. Er hatte nach ſeiner zerſtreuten Art mehrere Jahre daran gearbeitet, und eilte nun, weil man nach dem bald zu hoffenden Frieden die Ankunft des Kaiſers zur Kroͤ¬ nung ſeines Sohns in Frankfurt erwartete, es vollſtaͤndig zu machen und endlich zuſam¬ menzubringen. Meine Luſt dergleichen Ge¬ genſtaͤnde kennen zu lernen, benutzte er ſehr gewandt, um mich als einen Mahnboten zu zerſtreuen und von meinem Vorſatz abzulen¬ ken. Er ſuchte mir die Kenntniß dieſer Steine beyzubringen, machte mich auf ihre Eigenſchaften, ihren Werth aufmerkſam, ſo daß ich ſein ganzes Bouquet zuletzt auswen¬ dig wußte, und es eben ſo gut wie er einem Kunden haͤtte anpreiſend vordemonſtriren koͤn¬ nen. Es iſt mir noch jetzt gegenwaͤrtig, und ich habe wohl koſtbarere aber nicht anmuthi¬ gere Schau- und Prachtſtuͤcke dieſer Art ge¬
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Farbe guͤnſtig hervortreten und das Ganze
ein Kunſtſtuͤck geben ſollte, werth in dem
Schatzgewoͤlbe eines Kaiſers aufbewahrt zu
ſtehen. Er hatte nach ſeiner zerſtreuten Art
mehrere Jahre daran gearbeitet, und eilte
nun, weil man nach dem bald zu hoffenden
Frieden die Ankunft des Kaiſers zur Kroͤ¬
nung ſeines Sohns in Frankfurt erwartete,
es vollſtaͤndig zu machen und endlich zuſam¬
menzubringen. Meine Luſt dergleichen Ge¬
genſtaͤnde kennen zu lernen, benutzte er ſehr
gewandt, um mich als einen Mahnboten zu
zerſtreuen und von meinem Vorſatz abzulen¬
ken. Er ſuchte mir die Kenntniß dieſer
Steine beyzubringen, machte mich auf ihre
Eigenſchaften, ihren Werth aufmerkſam, ſo
daß ich ſein ganzes Bouquet zuletzt auswen¬
dig wußte, und es eben ſo gut wie er einem
Kunden haͤtte anpreiſend vordemonſtriren koͤn¬
nen. Es iſt mir noch jetzt gegenwaͤrtig, und
ich habe wohl koſtbarere aber nicht anmuthi¬
gere Schau- und Prachtſtuͤcke dieſer Art ge¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/375>, abgerufen am 26.11.2024.
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