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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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Juwelen war gelassen, die theils an der
Taube, theils an den Blumen, theils auch
an der Stelle wo man die Dose zu öffnen
pflegt, angebracht werden sollten. Der Ju¬
welier, dem die völlige Ausführung nebst den
dazu nöthigen Steinen übergeben ward, hieß
Lautensak und war ein geschickter muntrer
Mann, der wie mehrere geistreiche Künstler
selten das Nothwendige, gewöhnlich aber das
Willkührliche that, was ihm Vergnügen
machte. Die Juwelen, in der Figur wie sie
auf dem Dosendeckel angebracht werden soll¬
ten, waren zwar bald auf schwarzes Wachs
gesetzt und nahmen sich ganz gut aus; allein
sie wollten sich von da gar nicht ablösen, um
aufs Gold zu gelangen. Im Anfange ließ
mein Vater die Sache noch so anstehen; als
aber die Hoffnung zum Frieden immer leb¬
hafter wurde, als man zuletzt schon die Be¬
dingungen, besonders die Erhebung des Erz¬
herzogs Joseph zum römischen König, ge¬
nauer wissen wollte; so ward mein Vater

Juwelen war gelaſſen, die theils an der
Taube, theils an den Blumen, theils auch
an der Stelle wo man die Doſe zu oͤffnen
pflegt, angebracht werden ſollten. Der Ju¬
welier, dem die voͤllige Ausfuͤhrung nebſt den
dazu noͤthigen Steinen uͤbergeben ward, hieß
Lautenſak und war ein geſchickter muntrer
Mann, der wie mehrere geiſtreiche Kuͤnſtler
ſelten das Nothwendige, gewoͤhnlich aber das
Willkuͤhrliche that, was ihm Vergnuͤgen
machte. Die Juwelen, in der Figur wie ſie
auf dem Doſendeckel angebracht werden ſoll¬
ten, waren zwar bald auf ſchwarzes Wachs
geſetzt und nahmen ſich ganz gut aus; allein
ſie wollten ſich von da gar nicht abloͤſen, um
aufs Gold zu gelangen. Im Anfange ließ
mein Vater die Sache noch ſo anſtehen; als
aber die Hoffnung zum Frieden immer leb¬
hafter wurde, als man zuletzt ſchon die Be¬
dingungen, beſonders die Erhebung des Erz¬
herzogs Joſeph zum roͤmiſchen Koͤnig, ge¬
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[357/0373] Juwelen war gelaſſen, die theils an der Taube, theils an den Blumen, theils auch an der Stelle wo man die Doſe zu oͤffnen pflegt, angebracht werden ſollten. Der Ju¬ welier, dem die voͤllige Ausfuͤhrung nebſt den dazu noͤthigen Steinen uͤbergeben ward, hieß Lautenſak und war ein geſchickter muntrer Mann, der wie mehrere geiſtreiche Kuͤnſtler ſelten das Nothwendige, gewoͤhnlich aber das Willkuͤhrliche that, was ihm Vergnuͤgen machte. Die Juwelen, in der Figur wie ſie auf dem Doſendeckel angebracht werden ſoll¬ ten, waren zwar bald auf ſchwarzes Wachs geſetzt und nahmen ſich ganz gut aus; allein ſie wollten ſich von da gar nicht abloͤſen, um aufs Gold zu gelangen. Im Anfange ließ mein Vater die Sache noch ſo anſtehen; als aber die Hoffnung zum Frieden immer leb¬ hafter wurde, als man zuletzt ſchon die Be¬ dingungen, beſonders die Erhebung des Erz¬ herzogs Joſeph zum roͤmiſchen Koͤnig, ge¬ nauer wiſſen wollte; ſo ward mein Vater

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/373>, abgerufen am 27.11.2024.