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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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brachten geht, ihn nicht etwa nur schlachten
und verbrennen, sondern ihn in zwey Stücke
theilen, und zwischen seinen rauchenden Ein¬
geweiden sich von den gütigen Göttern eine
neue Verheißung erwarten. Ohne Zaudern
und blindlings schickt Abraham sich an, den
Befehl zu vollziehen: den Göttern ist der
Wille hinreichend. Nun sind Abrahams Prü¬
fungen vorüber: denn weiter konnten sie nicht
gesteigert werden. Aber Sara stirbt, und
dieß giebt Gelegenheit, daß Abraham von
dem Lande Canaan vorbildlich Besitz nimmt.
Er bedarf eines Grabes, und dieß ist das
erste Mal, daß er sich nach einem Eigenthum
auf dieser Erde umsieht. Eine zweifache Höh¬
le gegen dem Hain Mamre mag er sich schon
früher ausgesucht haben. Diese kauft er mit
dem daranstoßenden Acker, und die Form
Rechtens, die er dabey beobachtet, zeigt wie
wichtig ihm dieser Besitz ist. Er war es auch,
mehr als er sich vielleicht selbst denken konnte:
denn er, seine Söhne und Enkel sollten da¬

brachten geht, ihn nicht etwa nur ſchlachten
und verbrennen, ſondern ihn in zwey Stuͤcke
theilen, und zwiſchen ſeinen rauchenden Ein¬
geweiden ſich von den guͤtigen Goͤttern eine
neue Verheißung erwarten. Ohne Zaudern
und blindlings ſchickt Abraham ſich an, den
Befehl zu vollziehen: den Goͤttern iſt der
Wille hinreichend. Nun ſind Abrahams Pruͤ¬
fungen voruͤber: denn weiter konnten ſie nicht
geſteigert werden. Aber Sara ſtirbt, und
dieß giebt Gelegenheit, daß Abraham von
dem Lande Canaan vorbildlich Beſitz nimmt.
Er bedarf eines Grabes, und dieß iſt das
erſte Mal, daß er ſich nach einem Eigenthum
auf dieſer Erde umſieht. Eine zweifache Hoͤh¬
le gegen dem Hain Mamre mag er ſich ſchon
fruͤher ausgeſucht haben. Dieſe kauft er mit
dem daranſtoßenden Acker, und die Form
Rechtens, die er dabey beobachtet, zeigt wie
wichtig ihm dieſer Beſitz iſt. Er war es auch,
mehr als er ſich vielleicht ſelbſt denken konnte:
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[319/0335] brachten geht, ihn nicht etwa nur ſchlachten und verbrennen, ſondern ihn in zwey Stuͤcke theilen, und zwiſchen ſeinen rauchenden Ein¬ geweiden ſich von den guͤtigen Goͤttern eine neue Verheißung erwarten. Ohne Zaudern und blindlings ſchickt Abraham ſich an, den Befehl zu vollziehen: den Goͤttern iſt der Wille hinreichend. Nun ſind Abrahams Pruͤ¬ fungen voruͤber: denn weiter konnten ſie nicht geſteigert werden. Aber Sara ſtirbt, und dieß giebt Gelegenheit, daß Abraham von dem Lande Canaan vorbildlich Beſitz nimmt. Er bedarf eines Grabes, und dieß iſt das erſte Mal, daß er ſich nach einem Eigenthum auf dieſer Erde umſieht. Eine zweifache Hoͤh¬ le gegen dem Hain Mamre mag er ſich ſchon fruͤher ausgeſucht haben. Dieſe kauft er mit dem daranſtoßenden Acker, und die Form Rechtens, die er dabey beobachtet, zeigt wie wichtig ihm dieſer Beſitz iſt. Er war es auch, mehr als er ſich vielleicht ſelbſt denken konnte: denn er, ſeine Soͤhne und Enkel ſollten da¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/335>, abgerufen am 27.11.2024.