Versuch mislang wie jenes erste Bestreben, Sie sollten nicht zugleich glücklich und klug, zahlreich und einig seyn. Die Elohim ver¬ wirrten sie, der Bau unterblieb, die Men¬ schen zerstreuten sich; die Welt war bevöl¬ kert, aber entzweyt.
Unser Blick, unser Antheil bleibt aber noch immer an diese Gegenden geheftet. End¬ lich geht abermals ein Stammvater von hier aus, der so glücklich ist, seinen Nachkommen einen entschiedenen Character aufzuprägen, und sie dadurch für ewige Zeiten zu einer großen, und bey allem Glücks- und Orts- Wechsel zusammenhaltenden Nation zu ver¬ einigen.
Vom Euphrat aus, nicht ohne göttlichen Fingerzeig, wandert Abraham gegen Westen. Die Wüste setzt seinem Zug kein entschiedenes Hinderniß entgegen; er gelangt an den Jor¬ dan, zieht über den Fluß und verbreitet sich
Verſuch mislang wie jenes erſte Beſtreben, Sie ſollten nicht zugleich gluͤcklich und klug, zahlreich und einig ſeyn. Die Elohim ver¬ wirrten ſie, der Bau unterblieb, die Men¬ ſchen zerſtreuten ſich; die Welt war bevoͤl¬ kert, aber entzweyt.
Unſer Blick, unſer Antheil bleibt aber noch immer an dieſe Gegenden geheftet. End¬ lich geht abermals ein Stammvater von hier aus, der ſo gluͤcklich iſt, ſeinen Nachkommen einen entſchiedenen Character aufzupraͤgen, und ſie dadurch fuͤr ewige Zeiten zu einer großen, und bey allem Gluͤcks- und Orts- Wechſel zuſammenhaltenden Nation zu ver¬ einigen.
Vom Euphrat aus, nicht ohne goͤttlichen Fingerzeig, wandert Abraham gegen Weſten. Die Wuͤſte ſetzt ſeinem Zug kein entſchiedenes Hinderniß entgegen; er gelangt an den Jor¬ dan, zieht uͤber den Fluß und verbreitet ſich
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Verſuch mislang wie jenes erſte Beſtreben,
Sie ſollten nicht zugleich gluͤcklich und klug,
zahlreich und einig ſeyn. Die Elohim ver¬
wirrten ſie, der Bau unterblieb, die Men¬
ſchen zerſtreuten ſich; die Welt war bevoͤl¬
kert, aber entzweyt.
Unſer Blick, unſer Antheil bleibt aber
noch immer an dieſe Gegenden geheftet. End¬
lich geht abermals ein Stammvater von hier
aus, der ſo gluͤcklich iſt, ſeinen Nachkommen
einen entſchiedenen Character aufzupraͤgen,
und ſie dadurch fuͤr ewige Zeiten zu einer
großen, und bey allem Gluͤcks- und Orts-
Wechſel zuſammenhaltenden Nation zu ver¬
einigen.
Vom Euphrat aus, nicht ohne goͤttlichen
Fingerzeig, wandert Abraham gegen Weſten.
Die Wuͤſte ſetzt ſeinem Zug kein entſchiedenes
Hinderniß entgegen; er gelangt an den Jor¬
dan, zieht uͤber den Fluß und verbreitet ſich
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/319>, abgerufen am 26.11.2024.
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