gesendet; und sobald die Maulbeerbäume ge¬ nugsames Laub zeigten, ließ man sie aus¬ schlüpfen, und wartete der kaum sichtbaren Geschöpfe mit großer Sorgfalt. In einem Mansardzimmer waren Tische und Gestelle mit Brettern aufgeschlagen, um ihnen mehr Raum und Unterhalt zu bereiten: denn sie wuchsen schnell, und waren nach der letzten Häutung so heißhunrgig, daß man kaum Blätter genug herbeyschaffen konnte, sie zu nähren; ja sie mußten Tag und Nacht ge¬ füttert werden, weil eben alles darauf an¬ kommt, daß sie der Nahrung ja nicht zu ei¬ ner Zeit ermangeln, wo die große und wun¬ dersame Veränderung in ihnen vorgehen soll. War die Witterung günstig, so konnte man freylich dieses Geschäft als eine lustige Unter¬ haltung ansehen; trat aber Kälte ein, daß die Maulbeerbäume litten, so machte es große Noth. Noch unangenehmer aber war es, wenn in der letzten Epoche Regen ein¬ fiel: denn diese Geschöpfe können die Feuch¬
geſendet; und ſobald die Maulbeerbaͤume ge¬ nugſames Laub zeigten, ließ man ſie aus¬ ſchluͤpfen, und wartete der kaum ſichtbaren Geſchoͤpfe mit großer Sorgfalt. In einem Manſardzimmer waren Tiſche und Geſtelle mit Brettern aufgeſchlagen, um ihnen mehr Raum und Unterhalt zu bereiten: denn ſie wuchſen ſchnell, und waren nach der letzten Haͤutung ſo heißhunrgig, daß man kaum Blaͤtter genug herbeyſchaffen konnte, ſie zu naͤhren; ja ſie mußten Tag und Nacht ge¬ fuͤttert werden, weil eben alles darauf an¬ kommt, daß ſie der Nahrung ja nicht zu ei¬ ner Zeit ermangeln, wo die große und wun¬ derſame Veraͤnderung in ihnen vorgehen ſoll. War die Witterung guͤnſtig, ſo konnte man freylich dieſes Geſchaͤft als eine luſtige Unter¬ haltung anſehen; trat aber Kaͤlte ein, daß die Maulbeerbaͤume litten, ſo machte es große Noth. Noch unangenehmer aber war es, wenn in der letzten Epoche Regen ein¬ fiel: denn dieſe Geſchoͤpfe koͤnnen die Feuch¬
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geſendet; und ſobald die Maulbeerbaͤume ge¬
nugſames Laub zeigten, ließ man ſie aus¬
ſchluͤpfen, und wartete der kaum ſichtbaren
Geſchoͤpfe mit großer Sorgfalt. In einem
Manſardzimmer waren Tiſche und Geſtelle
mit Brettern aufgeſchlagen, um ihnen mehr
Raum und Unterhalt zu bereiten: denn ſie
wuchſen ſchnell, und waren nach der letzten
Haͤutung ſo heißhunrgig, daß man kaum
Blaͤtter genug herbeyſchaffen konnte, ſie zu
naͤhren; ja ſie mußten Tag und Nacht ge¬
fuͤttert werden, weil eben alles darauf an¬
kommt, daß ſie der Nahrung ja nicht zu ei¬
ner Zeit ermangeln, wo die große und wun¬
derſame Veraͤnderung in ihnen vorgehen ſoll.
War die Witterung guͤnſtig, ſo konnte man
freylich dieſes Geſchaͤft als eine luſtige Unter¬
haltung anſehen; trat aber Kaͤlte ein, daß
die Maulbeerbaͤume litten, ſo machte es
große Noth. Noch unangenehmer aber war
es, wenn in der letzten Epoche Regen ein¬
fiel: denn dieſe Geſchoͤpfe koͤnnen die Feuch¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/296>, abgerufen am 23.11.2024.
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