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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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weil einzelne Familien den Aufwand nicht
bestreiten konnten, so traten mehrere zusam¬
men, um eine solche Absicht zu erreichen.
Allein die Kinder vertrugen sich selten; der
junge Mann hatte nicht Autorität genug,
und nach oft widerholtem Verdruß, gab es
nur gehässige Trennungen. Kein Wunder
daher, daß man auf andere Anstalten dachte,
welche sowohl beständiger als vortheilhafter
seyn sollten.

Auf den Gedanken, Pensionen zu errich¬
ten, war man durch die Nothwendigkeit ge¬
kommen, welche Jedermann empfand, daß
die französische Sprache lebendig gelehrt und
überliefert werden müsse. Mein Vater hatte
einen jungen Menschen erzogen, der bey ihm
Bedienter, Cammerdiener, Secretär, genug
nach und nach alles in allem gewesen war.
Dieser, Namens Pfeil, sprach gut franzö¬
sisch und verstand es gründlich. Nachdem
er sich verheiratet hatte, und seine Gönner

weil einzelne Familien den Aufwand nicht
beſtreiten konnten, ſo traten mehrere zuſam¬
men, um eine ſolche Abſicht zu erreichen.
Allein die Kinder vertrugen ſich ſelten; der
junge Mann hatte nicht Autoritaͤt genug,
und nach oft widerholtem Verdruß, gab es
nur gehaͤſſige Trennungen. Kein Wunder
daher, daß man auf andere Anſtalten dachte,
welche ſowohl beſtaͤndiger als vortheilhafter
ſeyn ſollten.

Auf den Gedanken, Penſionen zu errich¬
ten, war man durch die Nothwendigkeit ge¬
kommen, welche Jedermann empfand, daß
die franzoͤſiſche Sprache lebendig gelehrt und
uͤberliefert werden muͤſſe. Mein Vater hatte
einen jungen Menſchen erzogen, der bey ihm
Bedienter, Cammerdiener, Secretaͤr, genug
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[276/0292] weil einzelne Familien den Aufwand nicht beſtreiten konnten, ſo traten mehrere zuſam¬ men, um eine ſolche Abſicht zu erreichen. Allein die Kinder vertrugen ſich ſelten; der junge Mann hatte nicht Autoritaͤt genug, und nach oft widerholtem Verdruß, gab es nur gehaͤſſige Trennungen. Kein Wunder daher, daß man auf andere Anſtalten dachte, welche ſowohl beſtaͤndiger als vortheilhafter ſeyn ſollten. Auf den Gedanken, Penſionen zu errich¬ ten, war man durch die Nothwendigkeit ge¬ kommen, welche Jedermann empfand, daß die franzoͤſiſche Sprache lebendig gelehrt und uͤberliefert werden muͤſſe. Mein Vater hatte einen jungen Menſchen erzogen, der bey ihm Bedienter, Cammerdiener, Secretaͤr, genug nach und nach alles in allem geweſen war. Dieſer, Namens Pfeil, ſprach gut franzoͤ¬ ſiſch und verſtand es gruͤndlich. Nachdem er ſich verheiratet hatte, und ſeine Goͤnner

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/292>, abgerufen am 23.11.2024.