gewonnen, bey diesen Nacharbeiten verloren sie, obgleich der Graf auch diese sehr gro߬ müthig bezahlte. Und da die von mehrern auf Einem Bilde durch einander gearbeiteten Theile, bey aller Mühe, keinen guten Effect hervorbrachten, so glaubte zuletzt ein Jeder, daß seine Arbeit durch die Arbeiten der an¬ dern verdorben und vernichtet worden; daher wenig fehlte, die Künstler hätten sich hierü¬ ber entzweyt und wären in unversöhnliche Feindschaft gerathen. Dergleichen Verände¬ rungen oder vielmehr Zuthaten wurden in gedachtem Atelier, wo ich mit den Künstlern ganz allein blieb, ausgefertiget; und es un¬ terhielt mich, aus den Studien, besonders der Thiere, dieses und jenes Einzelne, diese oder jene Gruppe auszusuchen, und sie für die Nähe oder die Ferne in Vorschlag zu bringen; worin man mir denn manchmal aus Ueberzeugung oder Geneigtheit zu will¬ fahren pflegte.
gewonnen, bey dieſen Nacharbeiten verloren ſie, obgleich der Graf auch dieſe ſehr gro߬ muͤthig bezahlte. Und da die von mehrern auf Einem Bilde durch einander gearbeiteten Theile, bey aller Muͤhe, keinen guten Effect hervorbrachten, ſo glaubte zuletzt ein Jeder, daß ſeine Arbeit durch die Arbeiten der an¬ dern verdorben und vernichtet worden; daher wenig fehlte, die Kuͤnſtler haͤtten ſich hieruͤ¬ ber entzweyt und waͤren in unverſoͤhnliche Feindſchaft gerathen. Dergleichen Veraͤnde¬ rungen oder vielmehr Zuthaten wurden in gedachtem Atelier, wo ich mit den Kuͤnſtlern ganz allein blieb, ausgefertiget; und es un¬ terhielt mich, aus den Studien, beſonders der Thiere, dieſes und jenes Einzelne, dieſe oder jene Gruppe auszuſuchen, und ſie fuͤr die Naͤhe oder die Ferne in Vorſchlag zu bringen; worin man mir denn manchmal aus Ueberzeugung oder Geneigtheit zu will¬ fahren pflegte.
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gewonnen, bey dieſen Nacharbeiten verloren
ſie, obgleich der Graf auch dieſe ſehr gro߬
muͤthig bezahlte. Und da die von mehrern
auf Einem Bilde durch einander gearbeiteten
Theile, bey aller Muͤhe, keinen guten Effect
hervorbrachten, ſo glaubte zuletzt ein Jeder,
daß ſeine Arbeit durch die Arbeiten der an¬
dern verdorben und vernichtet worden; daher
wenig fehlte, die Kuͤnſtler haͤtten ſich hieruͤ¬
ber entzweyt und waͤren in unverſoͤhnliche
Feindſchaft gerathen. Dergleichen Veraͤnde¬
rungen oder vielmehr Zuthaten wurden in
gedachtem Atelier, wo ich mit den Kuͤnſtlern
ganz allein blieb, ausgefertiget; und es un¬
terhielt mich, aus den Studien, beſonders
der Thiere, dieſes und jenes Einzelne, dieſe
oder jene Gruppe auszuſuchen, und ſie fuͤr
die Naͤhe oder die Ferne in Vorſchlag zu
bringen; worin man mir denn manchmal
aus Ueberzeugung oder Geneigtheit zu will¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/270>, abgerufen am 24.11.2024.
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