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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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Blumen besorgen, die Kinder spielen, die Ge¬
sellschaften sich ergetzen sah, die Kegelkugeln
rollen und die Kegel fallen hörte; so erregte
dieß frühzeitig in mir ein Gefühl der Einsam¬
keit und einer daraus entspringenden Sehnsucht,
das dem von der Natur in mich gelegten
Ernsten und Ahndungsvollen entsprechend, sei¬
nen Einfluß gar bald und in der Folge noch
deutlicher zeigte.

Die alte, winkelhafte, an vielen Stellen
düstere Beschaffenheit des Hauses war übrigens
geeignet, Schauer und Furcht in kindlichen Ge¬
müthern zu erwecken. Unglücklicherweise hatte
man noch die Erziehungsmaxime, den Kindern
frühzeitig alle Furcht vor dem Ahndungsvollen
und Unsichtbaren zu benehmen, und sie an das
Schauderhafte zu gewöhnen. Wir Kinder soll¬
ten daher allein schlafen, und wenn uns dieses
unmöglich fiel, und wir uns sacht aus den
Betten hervormachten und die Gesellschaft der
Bedienten und Mägde suchten; so stellte sich,

Blumen beſorgen, die Kinder ſpielen, die Ge¬
ſellſchaften ſich ergetzen ſah, die Kegelkugeln
rollen und die Kegel fallen hoͤrte; ſo erregte
dieß fruͤhzeitig in mir ein Gefuͤhl der Einſam¬
keit und einer daraus entſpringenden Sehnſucht,
das dem von der Natur in mich gelegten
Ernſten und Ahndungsvollen entſprechend, ſei¬
nen Einfluß gar bald und in der Folge noch
deutlicher zeigte.

Die alte, winkelhafte, an vielen Stellen
duͤſtere Beſchaffenheit des Hauſes war uͤbrigens
geeignet, Schauer und Furcht in kindlichen Ge¬
muͤthern zu erwecken. Ungluͤcklicherweiſe hatte
man noch die Erziehungsmaxime, den Kindern
fruͤhzeitig alle Furcht vor dem Ahndungsvollen
und Unſichtbaren zu benehmen, und ſie an das
Schauderhafte zu gewoͤhnen. Wir Kinder ſoll¬
ten daher allein ſchlafen, und wenn uns dieſes
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[11/0027] Blumen beſorgen, die Kinder ſpielen, die Ge¬ ſellſchaften ſich ergetzen ſah, die Kegelkugeln rollen und die Kegel fallen hoͤrte; ſo erregte dieß fruͤhzeitig in mir ein Gefuͤhl der Einſam¬ keit und einer daraus entſpringenden Sehnſucht, das dem von der Natur in mich gelegten Ernſten und Ahndungsvollen entſprechend, ſei¬ nen Einfluß gar bald und in der Folge noch deutlicher zeigte. Die alte, winkelhafte, an vielen Stellen duͤſtere Beſchaffenheit des Hauſes war uͤbrigens geeignet, Schauer und Furcht in kindlichen Ge¬ muͤthern zu erwecken. Ungluͤcklicherweiſe hatte man noch die Erziehungsmaxime, den Kindern fruͤhzeitig alle Furcht vor dem Ahndungsvollen und Unſichtbaren zu benehmen, und ſie an das Schauderhafte zu gewoͤhnen. Wir Kinder ſoll¬ ten daher allein ſchlafen, und wenn uns dieſes unmoͤglich fiel, und wir uns ſacht aus den Betten hervormachten und die Geſellſchaft der Bedienten und Maͤgde ſuchten; ſo ſtellte ſich,

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/27>, abgerufen am 18.12.2024.