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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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so kam der Graf auf den Gedanken, ob
man nicht diese Talente in den Bildern ver¬
einigen, und auf diesem Wege vollkommene
Werke hervorbringen könne. Der Anfang
ward sogleich damit gemacht, daß man
z. B. in eine fertige Landschaft noch schöne
Herden hineinmalen ließ. Weil nun aber
nicht immer der gehörige Platz dazu da
war, es auch dem Thiermaler auf ein paar
Schafe mehr oder weniger nicht ankam; so
war endlich die weiteste Landschaft zu enge.
Nun hatte der Menschenmaler auch noch die
Hirten und einige Wandrer hineinzubrin¬
gen; diese nahmen sich wiederum einander
gleichsam die Luft, und man war verwun¬
dert, wie sie nicht sämtlich in der freye¬
sten Gegend erstickten. Man konnte niemals
voraussehen, was aus der Sache werden
würde, und wenn sie fertig war, befrie¬
digte sie nicht. Die Maler wurden verdrie߬
lich. Bey den ersten Bestellungen hatten sie

ſo kam der Graf auf den Gedanken, ob
man nicht dieſe Talente in den Bildern ver¬
einigen, und auf dieſem Wege vollkommene
Werke hervorbringen koͤnne. Der Anfang
ward ſogleich damit gemacht, daß man
z. B. in eine fertige Landſchaft noch ſchoͤne
Herden hineinmalen ließ. Weil nun aber
nicht immer der gehoͤrige Platz dazu da
war, es auch dem Thiermaler auf ein paar
Schafe mehr oder weniger nicht ankam; ſo
war endlich die weiteſte Landſchaft zu enge.
Nun hatte der Menſchenmaler auch noch die
Hirten und einige Wandrer hineinzubrin¬
gen; dieſe nahmen ſich wiederum einander
gleichſam die Luft, und man war verwun¬
dert, wie ſie nicht ſaͤmtlich in der freye¬
ſten Gegend erſtickten. Man konnte niemals
vorausſehen, was aus der Sache werden
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[253/0269] ſo kam der Graf auf den Gedanken, ob man nicht dieſe Talente in den Bildern ver¬ einigen, und auf dieſem Wege vollkommene Werke hervorbringen koͤnne. Der Anfang ward ſogleich damit gemacht, daß man z. B. in eine fertige Landſchaft noch ſchoͤne Herden hineinmalen ließ. Weil nun aber nicht immer der gehoͤrige Platz dazu da war, es auch dem Thiermaler auf ein paar Schafe mehr oder weniger nicht ankam; ſo war endlich die weiteſte Landſchaft zu enge. Nun hatte der Menſchenmaler auch noch die Hirten und einige Wandrer hineinzubrin¬ gen; dieſe nahmen ſich wiederum einander gleichſam die Luft, und man war verwun¬ dert, wie ſie nicht ſaͤmtlich in der freye¬ ſten Gegend erſtickten. Man konnte niemals vorausſehen, was aus der Sache werden wuͤrde, und wenn ſie fertig war, befrie¬ digte ſie nicht. Die Maler wurden verdrie߬ lich. Bey den erſten Beſtellungen hatten ſie

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/269>, abgerufen am 24.11.2024.