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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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als wir wußte wohl, wie unerfreulich ihm
solche Gaben seyn würden. Indessen hatte
sie etwas Abendbrodt zurecht gemacht und
hätte ihm gern eine Portion auf das Zim¬
mer geschickt; aber eine solche Unordnung
litt er nie, auch nicht in den äußersten Fäl¬
len; und nachdem man die süßen Gaben bey
Seite geschafft, suchte man ihn zu bere¬
den, herab in das gewöhnliche Speisezimmer
zu kommen. Endlich ließ er sich bewegen,
ungern, und wir ahndeten nicht, welches
Unheil wir ihm und uns bereiteten. Die
Treppe lief frey durchs ganze Haus an allen
Vorsälen vorbey. Der Vater mußte, indem
er herabstieg, unmittelbar an des Grafen
Zimmer vorübergehn. Sein Vorsaal stand
so voller Leute, daß der Graf sich entschloß,
um mehrers auf Einmal abzuthun, herauszu¬
treten; und dieß geschah leider in dem Augen¬
blick als der Vater herabkam. Der Graf
ging ihm heiter entgegen, begrüßte ihn und
sagte: "Ihr werdet uns und Euch Glück wün¬

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als wir wußte wohl, wie unerfreulich ihm
ſolche Gaben ſeyn wuͤrden. Indeſſen hatte
ſie etwas Abendbrodt zurecht gemacht und
haͤtte ihm gern eine Portion auf das Zim¬
mer geſchickt; aber eine ſolche Unordnung
litt er nie, auch nicht in den aͤußerſten Faͤl¬
len; und nachdem man die ſuͤßen Gaben bey
Seite geſchafft, ſuchte man ihn zu bere¬
den, herab in das gewoͤhnliche Speiſezimmer
zu kommen. Endlich ließ er ſich bewegen,
ungern, und wir ahndeten nicht, welches
Unheil wir ihm und uns bereiteten. Die
Treppe lief frey durchs ganze Haus an allen
Vorſaͤlen vorbey. Der Vater mußte, indem
er herabſtieg, unmittelbar an des Grafen
Zimmer voruͤbergehn. Sein Vorſaal ſtand
ſo voller Leute, daß der Graf ſich entſchloß,
um mehrers auf Einmal abzuthun, herauszu¬
treten; und dieß geſchah leider in dem Augen¬
blick als der Vater herabkam. Der Graf
ging ihm heiter entgegen, begruͤßte ihn und
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[227/0243] als wir wußte wohl, wie unerfreulich ihm ſolche Gaben ſeyn wuͤrden. Indeſſen hatte ſie etwas Abendbrodt zurecht gemacht und haͤtte ihm gern eine Portion auf das Zim¬ mer geſchickt; aber eine ſolche Unordnung litt er nie, auch nicht in den aͤußerſten Faͤl¬ len; und nachdem man die ſuͤßen Gaben bey Seite geſchafft, ſuchte man ihn zu bere¬ den, herab in das gewoͤhnliche Speiſezimmer zu kommen. Endlich ließ er ſich bewegen, ungern, und wir ahndeten nicht, welches Unheil wir ihm und uns bereiteten. Die Treppe lief frey durchs ganze Haus an allen Vorſaͤlen vorbey. Der Vater mußte, indem er herabſtieg, unmittelbar an des Grafen Zimmer voruͤbergehn. Sein Vorſaal ſtand ſo voller Leute, daß der Graf ſich entſchloß, um mehrers auf Einmal abzuthun, herauszu¬ treten; und dieß geſchah leider in dem Augen¬ blick als der Vater herabkam. Der Graf ging ihm heiter entgegen, begruͤßte ihn und ſagte: „Ihr werdet uns und Euch Gluͤck wuͤn¬ 15*

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/243>, abgerufen am 25.11.2024.