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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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die beyden andern Kinder aber dem Haus¬
freund angehören mochten. Ich erklärte mir
nun ihr trauriges Ansehen und hatte sie nur
um desto lieber.

Die Neigung zu diesem Mädchen half
mir die Schwindeleyen des Bruders übertra¬
gen, der nicht immer in seinen Gränzen
blieb. Ich hatte oft die weitläuftigen Er¬
zählungen seiner Großthaten auszuhalten, wie
er sich schon öfter geschlagen, ohne jedoch
dem andern schaden zu wollen: es sey alles
blos der Ehre wegen geschehen. Stets habe
er gewußt seinen Widersacher zu entwaffnen,
und ihm alsdann verziehen; ja er verstehe
sich aufs Legiren so gut, daß er einst selbst
in große Verlegenheit gerathen, als er den
Degen seines Gegners auf einen hohen Baum
geschleudert, so daß man ihn nicht leicht wie¬
der habhaft werden können.

Was mir meine Besuche auf dem Thea¬
ter sehr erleichterte, war, daß mir mein

die beyden andern Kinder aber dem Haus¬
freund angehoͤren mochten. Ich erklaͤrte mir
nun ihr trauriges Anſehen und hatte ſie nur
um deſto lieber.

Die Neigung zu dieſem Maͤdchen half
mir die Schwindeleyen des Bruders uͤbertra¬
gen, der nicht immer in ſeinen Graͤnzen
blieb. Ich hatte oft die weitlaͤuftigen Er¬
zaͤhlungen ſeiner Großthaten auszuhalten, wie
er ſich ſchon oͤfter geſchlagen, ohne jedoch
dem andern ſchaden zu wollen: es ſey alles
blos der Ehre wegen geſchehen. Stets habe
er gewußt ſeinen Widerſacher zu entwaffnen,
und ihm alsdann verziehen; ja er verſtehe
ſich aufs Legiren ſo gut, daß er einſt ſelbſt
in große Verlegenheit gerathen, als er den
Degen ſeines Gegners auf einen hohen Baum
geſchleudert, ſo daß man ihn nicht leicht wie¬
der habhaft werden koͤnnen.

Was mir meine Beſuche auf dem Thea¬
ter ſehr erleichterte, war, daß mir mein

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[210/0226] die beyden andern Kinder aber dem Haus¬ freund angehoͤren mochten. Ich erklaͤrte mir nun ihr trauriges Anſehen und hatte ſie nur um deſto lieber. Die Neigung zu dieſem Maͤdchen half mir die Schwindeleyen des Bruders uͤbertra¬ gen, der nicht immer in ſeinen Graͤnzen blieb. Ich hatte oft die weitlaͤuftigen Er¬ zaͤhlungen ſeiner Großthaten auszuhalten, wie er ſich ſchon oͤfter geſchlagen, ohne jedoch dem andern ſchaden zu wollen: es ſey alles blos der Ehre wegen geſchehen. Stets habe er gewußt ſeinen Widerſacher zu entwaffnen, und ihm alsdann verziehen; ja er verſtehe ſich aufs Legiren ſo gut, daß er einſt ſelbſt in große Verlegenheit gerathen, als er den Degen ſeines Gegners auf einen hohen Baum geſchleudert, ſo daß man ihn nicht leicht wie¬ der habhaft werden koͤnnen. Was mir meine Beſuche auf dem Thea¬ ter ſehr erleichterte, war, daß mir mein

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/226>, abgerufen am 26.11.2024.