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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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sich gleich, ob es schon Nacht war, mit Ker¬
zen die Bilder wenigstens flüchtig zu besehen.
Er hatte an diesen Dingen eine übergroße
Freude, bezeigte sich gegen den ihn begleiten¬
den Vater auf das verbindlichste, und als er
vernahm, daß die meisten Künstler noch leb¬
ten, sich in Frankfurt und in der Nachbar¬
schaft aufhielten; so versicherte er, daß er
nichts mehr wünsche, als sie baldigst kennen
zu lernen und sie zu beschäftigen.

Aber auch diese Annäherung von Seiten
der Kunst vermochte nicht die Gesinnung mei¬
nes Vaters zu ändern, noch seinen Character
zu beugen. Er ließ geschehen was er nicht
verhindern konnte, hielt sich aber in unwirk¬
samer Entfernung, und das Außerordentliche
was nun um ihn vorging, war ihm bis auf
die geringste Kleinigkeit unerträglich.

Graf Thorane indessen betrug sich muster¬
haft. Nicht einmal seine Landcharten wollte

ſich gleich, ob es ſchon Nacht war, mit Ker¬
zen die Bilder wenigſtens fluͤchtig zu beſehen.
Er hatte an dieſen Dingen eine uͤbergroße
Freude, bezeigte ſich gegen den ihn begleiten¬
den Vater auf das verbindlichſte, und als er
vernahm, daß die meiſten Kuͤnſtler noch leb¬
ten, ſich in Frankfurt und in der Nachbar¬
ſchaft aufhielten; ſo verſicherte er, daß er
nichts mehr wuͤnſche, als ſie baldigſt kennen
zu lernen und ſie zu beſchaͤftigen.

Aber auch dieſe Annaͤherung von Seiten
der Kunſt vermochte nicht die Geſinnung mei¬
nes Vaters zu aͤndern, noch ſeinen Character
zu beugen. Er ließ geſchehen was er nicht
verhindern konnte, hielt ſich aber in unwirk¬
ſamer Entfernung, und das Außerordentliche
was nun um ihn vorging, war ihm bis auf
die geringſte Kleinigkeit unertraͤglich.

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haft. Nicht einmal ſeine Landcharten wollte

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[188/0204] ſich gleich, ob es ſchon Nacht war, mit Ker¬ zen die Bilder wenigſtens fluͤchtig zu beſehen. Er hatte an dieſen Dingen eine uͤbergroße Freude, bezeigte ſich gegen den ihn begleiten¬ den Vater auf das verbindlichſte, und als er vernahm, daß die meiſten Kuͤnſtler noch leb¬ ten, ſich in Frankfurt und in der Nachbar¬ ſchaft aufhielten; ſo verſicherte er, daß er nichts mehr wuͤnſche, als ſie baldigſt kennen zu lernen und ſie zu beſchaͤftigen. Aber auch dieſe Annaͤherung von Seiten der Kunſt vermochte nicht die Geſinnung mei¬ nes Vaters zu aͤndern, noch ſeinen Character zu beugen. Er ließ geſchehen was er nicht verhindern konnte, hielt ſich aber in unwirk¬ ſamer Entfernung, und das Außerordentliche was nun um ihn vorging, war ihm bis auf die geringſte Kleinigkeit unertraͤglich. Graf Thorane indeſſen betrug ſich muſter¬ haft. Nicht einmal ſeine Landcharten wollte

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/204>, abgerufen am 28.11.2024.