so ein außerordentlicher Herr er auch übri¬ gens seyn möge. Denn man habe ja gese¬ hen, wie schmählich der berühmte Voltaire, auf Requisition des preußischen Residenten Freytag, in Frankfurt sey verhaftet worden, da er doch vorher so hoch in Gunsten gestan¬ den und als des Königs Lehrmeister in der französischen Poesie anzusehen gewesen. Es mangelte bey solchen Gelegenheiten nicht an Betrachtungen und Beyspielen, um vor Hö¬ fen und Herrendienst zu warnen, wovon sich überhaupt ein geborner Frankfurter kaum ei¬ nen Begriff machen konnte.
Eines vortrefflichen Mannes, Doctor Orth, will ich hier nur dem Namen nach gedenken, indem ich verdienten Frankfurtern hier nicht sowohl ein Denkmal zu errichten habe, vielmehr derselben nur in so fern erwähne, als ihr Ruf oder ihre Persönlichkeit auf mich in den frühsten Jahren einigen Ein¬ fluß gehabt. Doctor Orth war ein reicher
ſo ein außerordentlicher Herr er auch uͤbri¬ gens ſeyn moͤge. Denn man habe ja geſe¬ hen, wie ſchmaͤhlich der beruͤhmte Voltaire, auf Requiſition des preußiſchen Reſidenten Freytag, in Frankfurt ſey verhaftet worden, da er doch vorher ſo hoch in Gunſten geſtan¬ den und als des Koͤnigs Lehrmeiſter in der franzoͤſiſchen Poeſie anzuſehen geweſen. Es mangelte bey ſolchen Gelegenheiten nicht an Betrachtungen und Beyſpielen, um vor Hoͤ¬ fen und Herrendienſt zu warnen, wovon ſich uͤberhaupt ein geborner Frankfurter kaum ei¬ nen Begriff machen konnte.
Eines vortrefflichen Mannes, Doctor Orth, will ich hier nur dem Namen nach gedenken, indem ich verdienten Frankfurtern hier nicht ſowohl ein Denkmal zu errichten habe, vielmehr derſelben nur in ſo fern erwaͤhne, als ihr Ruf oder ihre Perſoͤnlichkeit auf mich in den fruͤhſten Jahren einigen Ein¬ fluß gehabt. Doctor Orth war ein reicher
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ſo ein außerordentlicher Herr er auch uͤbri¬
gens ſeyn moͤge. Denn man habe ja geſe¬
hen, wie ſchmaͤhlich der beruͤhmte Voltaire,
auf Requiſition des preußiſchen Reſidenten
Freytag, in Frankfurt ſey verhaftet worden,
da er doch vorher ſo hoch in Gunſten geſtan¬
den und als des Koͤnigs Lehrmeiſter in der
franzoͤſiſchen Poeſie anzuſehen geweſen. Es
mangelte bey ſolchen Gelegenheiten nicht an
Betrachtungen und Beyſpielen, um vor Hoͤ¬
fen und Herrendienſt zu warnen, wovon ſich
uͤberhaupt ein geborner Frankfurter kaum ei¬
nen Begriff machen konnte.
Eines vortrefflichen Mannes, Doctor
Orth, will ich hier nur dem Namen nach
gedenken, indem ich verdienten Frankfurtern
hier nicht ſowohl ein Denkmal zu errichten
habe, vielmehr derſelben nur in ſo fern
erwaͤhne, als ihr Ruf oder ihre Perſoͤnlichkeit
auf mich in den fruͤhſten Jahren einigen Ein¬
fluß gehabt. Doctor Orth war ein reicher
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/181>, abgerufen am 24.11.2024.
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