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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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tet. Auch besaß er gute Gemälde, Kupfer¬
stiche, Antiken und manches andre, wie es
bey Sammlern und Liebhabern zusammen¬
fließt. Von Zeit zu Zeit lud er die Honora¬
tioren zum Mittagessen, und war auf eine
eigne achtsame Weise wohlthätig, indem er
in seinem Hause die Armen kleidete, ihre
alten Lumpen aber zurückbehielt, und ihnen
nur unter der Bedingung ein wöchentliches
Almosen reichte, daß sie in jenen geschenkten
Kleidern sich ihm jedesmal sauber und ordent¬
lich vorstellten. Ich erinnere mich seiner nur
dunkel als eines freundlichen, wohlgebildeten
Mannes; desto deutlicher aber seiner Auction,
der ich vom Anfang bis zu Ende beywohnte,
und theils auf Befehl meines Vaters, theils
aus eigenem Antrieb manches erstand, was
sich noch unter meinen Sammlungen befindet.

Früher, und von mir kaum noch mit
Augen gesehen, machte Johann Michael
von Loen
in der literarischen Welt so wie

tet. Auch beſaß er gute Gemaͤlde, Kupfer¬
ſtiche, Antiken und manches andre, wie es
bey Sammlern und Liebhabern zuſammen¬
fließt. Von Zeit zu Zeit lud er die Honora¬
tioren zum Mittageſſen, und war auf eine
eigne achtſame Weiſe wohlthaͤtig, indem er
in ſeinem Hauſe die Armen kleidete, ihre
alten Lumpen aber zuruͤckbehielt, und ihnen
nur unter der Bedingung ein woͤchentliches
Almoſen reichte, daß ſie in jenen geſchenkten
Kleidern ſich ihm jedesmal ſauber und ordent¬
lich vorſtellten. Ich erinnere mich ſeiner nur
dunkel als eines freundlichen, wohlgebildeten
Mannes; deſto deutlicher aber ſeiner Auction,
der ich vom Anfang bis zu Ende beywohnte,
und theils auf Befehl meines Vaters, theils
aus eigenem Antrieb manches erſtand, was
ſich noch unter meinen Sammlungen befindet.

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Augen geſehen, machte Johann Michael
von Loen
in der literariſchen Welt ſo wie

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[162/0178] tet. Auch beſaß er gute Gemaͤlde, Kupfer¬ ſtiche, Antiken und manches andre, wie es bey Sammlern und Liebhabern zuſammen¬ fließt. Von Zeit zu Zeit lud er die Honora¬ tioren zum Mittageſſen, und war auf eine eigne achtſame Weiſe wohlthaͤtig, indem er in ſeinem Hauſe die Armen kleidete, ihre alten Lumpen aber zuruͤckbehielt, und ihnen nur unter der Bedingung ein woͤchentliches Almoſen reichte, daß ſie in jenen geſchenkten Kleidern ſich ihm jedesmal ſauber und ordent¬ lich vorſtellten. Ich erinnere mich ſeiner nur dunkel als eines freundlichen, wohlgebildeten Mannes; deſto deutlicher aber ſeiner Auction, der ich vom Anfang bis zu Ende beywohnte, und theils auf Befehl meines Vaters, theils aus eigenem Antrieb manches erſtand, was ſich noch unter meinen Sammlungen befindet. Fruͤher, und von mir kaum noch mit Augen geſehen, machte Johann Michael von Loen in der literariſchen Welt ſo wie

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/178>, abgerufen am 25.11.2024.