genug ich weiß nicht wie mir geschah, mir verging Hören und Sehen, und ich erholte mich aus meiner Betäubung, von meinem Schrecken, am Fuß einer Linde, wider den mich das aufschnellende Gitter geworfen hatte. Mit dem Erwachen erwachte auch meine Bosheit, die sich noch heftig vermehrte, als ich von drüben die Spottworte und das Ge¬ lächter meiner Gegnerinn vernahm, die an der andern Seite, etwas gelinder als ich, mochte zur Erde gekommen seyn. Daher sprang ich auf, und als ich rings um mich das kleine Heer nebst seinem Anführer Achill, welche das auffahrende Gitter mit mir her¬ über geschnellt hatte, zerstreut sah, ergriff ich den Helden zuerst und warf ihn wider einen Baum. Seine Wiederherstellung und seine Flucht gefielen mir nun doppelt, weil sich die Schadenfreude zu dem artigsten Anblick von der Welt gesellte, und ich war im Begriff die sämmtlichen Griechen ihm nachzuschicken,
genug ich weiß nicht wie mir geſchah, mir verging Hoͤren und Sehen, und ich erholte mich aus meiner Betaͤubung, von meinem Schrecken, am Fuß einer Linde, wider den mich das aufſchnellende Gitter geworfen hatte. Mit dem Erwachen erwachte auch meine Bosheit, die ſich noch heftig vermehrte, als ich von druͤben die Spottworte und das Ge¬ laͤchter meiner Gegnerinn vernahm, die an der andern Seite, etwas gelinder als ich, mochte zur Erde gekommen ſeyn. Daher ſprang ich auf, und als ich rings um mich das kleine Heer nebſt ſeinem Anfuͤhrer Achill, welche das auffahrende Gitter mit mir her¬ uͤber geſchnellt hatte, zerſtreut ſah, ergriff ich den Helden zuerſt und warf ihn wider einen Baum. Seine Wiederherſtellung und ſeine Flucht gefielen mir nun doppelt, weil ſich die Schadenfreude zu dem artigſten Anblick von der Welt geſellte, und ich war im Begriff die ſaͤmmtlichen Griechen ihm nachzuſchicken,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0148"n="132"/>
genug ich weiß nicht wie mir geſchah, mir<lb/>
verging Hoͤren und Sehen, und ich erholte<lb/>
mich aus meiner Betaͤubung, von meinem<lb/>
Schrecken, am Fuß einer Linde, wider den<lb/>
mich das aufſchnellende Gitter geworfen hatte.<lb/>
Mit dem Erwachen erwachte auch meine<lb/>
Bosheit, die ſich noch heftig vermehrte, als<lb/>
ich von druͤben die Spottworte und das Ge¬<lb/>
laͤchter meiner Gegnerinn vernahm, die an<lb/>
der andern Seite, etwas gelinder als ich,<lb/>
mochte zur Erde gekommen ſeyn. Daher<lb/>ſprang ich auf, und als ich rings um mich<lb/>
das kleine Heer nebſt ſeinem Anfuͤhrer Achill,<lb/>
welche das auffahrende Gitter mit mir her¬<lb/>
uͤber geſchnellt hatte, zerſtreut ſah, ergriff<lb/>
ich den Helden zuerſt und warf ihn wider<lb/>
einen Baum. Seine Wiederherſtellung und<lb/>ſeine Flucht gefielen mir nun doppelt, weil ſich<lb/>
die Schadenfreude zu dem artigſten Anblick<lb/>
von der Welt geſellte, und ich war im Begriff<lb/>
die ſaͤmmtlichen Griechen ihm nachzuſchicken,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[132/0148]
genug ich weiß nicht wie mir geſchah, mir
verging Hoͤren und Sehen, und ich erholte
mich aus meiner Betaͤubung, von meinem
Schrecken, am Fuß einer Linde, wider den
mich das aufſchnellende Gitter geworfen hatte.
Mit dem Erwachen erwachte auch meine
Bosheit, die ſich noch heftig vermehrte, als
ich von druͤben die Spottworte und das Ge¬
laͤchter meiner Gegnerinn vernahm, die an
der andern Seite, etwas gelinder als ich,
mochte zur Erde gekommen ſeyn. Daher
ſprang ich auf, und als ich rings um mich
das kleine Heer nebſt ſeinem Anfuͤhrer Achill,
welche das auffahrende Gitter mit mir her¬
uͤber geſchnellt hatte, zerſtreut ſah, ergriff
ich den Helden zuerſt und warf ihn wider
einen Baum. Seine Wiederherſtellung und
ſeine Flucht gefielen mir nun doppelt, weil ſich
die Schadenfreude zu dem artigſten Anblick
von der Welt geſellte, und ich war im Begriff
die ſaͤmmtlichen Griechen ihm nachzuſchicken,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/148>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.