auf ihn Acht zu geben: denn ich konnte wohl gewahr werden, daß wir in die Runde gin¬ gen, und daß dieser beschattete Raum eigent¬ lich ein großer Kreis sey, der einen andern viel bedeutendern umschließe. Wir waren auch wirklich wieder bis ans Pförtchen gelangt, und es schien als wenn der Alte mich hinauslassen wolle; allein meine Augen blieben auf ein goldnes Gitter gerichtet, welches die Mitte dieses wunderbaren Gar¬ tens zu umzäunen schien, und das ich auf unserm Gange hinlänglich zu beobachten Gele¬ genheit fand, ob mich der Alte gleich immer an der Mauer und also ziemlich entfernt von der Mitte zu halten wußte. Als er nun eben auf das Pförtchen los ging, sagte ich zu ihm, mit einer Verbeugung: Ihr seyd so äußerst gefällig gegen mich gewesen, daß ich wohl noch eine Bitte wagen möchte, ehe ich von Euch scheide. Dürfte ich nicht jenes goldne Gitter näher besehen, das in einem sehr weiten Kreise das Innere des Gartens
auf ihn Acht zu geben: denn ich konnte wohl gewahr werden, daß wir in die Runde gin¬ gen, und daß dieſer beſchattete Raum eigent¬ lich ein großer Kreis ſey, der einen andern viel bedeutendern umſchließe. Wir waren auch wirklich wieder bis ans Pfoͤrtchen gelangt, und es ſchien als wenn der Alte mich hinauslaſſen wolle; allein meine Augen blieben auf ein goldnes Gitter gerichtet, welches die Mitte dieſes wunderbaren Gar¬ tens zu umzaͤunen ſchien, und das ich auf unſerm Gange hinlaͤnglich zu beobachten Gele¬ genheit fand, ob mich der Alte gleich immer an der Mauer und alſo ziemlich entfernt von der Mitte zu halten wußte. Als er nun eben auf das Pfoͤrtchen los ging, ſagte ich zu ihm, mit einer Verbeugung: Ihr ſeyd ſo aͤußerſt gefaͤllig gegen mich geweſen, daß ich wohl noch eine Bitte wagen moͤchte, ehe ich von Euch ſcheide. Duͤrfte ich nicht jenes goldne Gitter naͤher beſehen, das in einem ſehr weiten Kreiſe das Innere des Gartens
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0130"n="114"/>
auf ihn Acht zu geben: denn ich konnte wohl<lb/>
gewahr werden, daß wir in die Runde gin¬<lb/>
gen, und daß dieſer beſchattete Raum eigent¬<lb/>
lich ein großer Kreis ſey, der einen andern<lb/>
viel bedeutendern umſchließe. Wir waren<lb/>
auch wirklich wieder bis ans Pfoͤrtchen<lb/>
gelangt, und es ſchien als wenn der Alte<lb/>
mich hinauslaſſen wolle; allein meine Augen<lb/>
blieben auf ein goldnes Gitter gerichtet,<lb/>
welches die Mitte dieſes wunderbaren Gar¬<lb/>
tens zu umzaͤunen ſchien, und das ich auf<lb/>
unſerm Gange hinlaͤnglich zu beobachten Gele¬<lb/>
genheit fand, ob mich der Alte gleich immer<lb/>
an der Mauer und alſo ziemlich entfernt<lb/>
von der Mitte zu halten wußte. Als er nun<lb/>
eben auf das Pfoͤrtchen los ging, ſagte ich<lb/>
zu ihm, mit einer Verbeugung: Ihr ſeyd ſo<lb/>
aͤußerſt gefaͤllig gegen mich geweſen, daß ich<lb/>
wohl noch eine Bitte wagen moͤchte, ehe ich<lb/>
von Euch ſcheide. Duͤrfte ich nicht jenes<lb/>
goldne Gitter naͤher beſehen, das in einem<lb/>ſehr weiten Kreiſe das Innere des Gartens<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[114/0130]
auf ihn Acht zu geben: denn ich konnte wohl
gewahr werden, daß wir in die Runde gin¬
gen, und daß dieſer beſchattete Raum eigent¬
lich ein großer Kreis ſey, der einen andern
viel bedeutendern umſchließe. Wir waren
auch wirklich wieder bis ans Pfoͤrtchen
gelangt, und es ſchien als wenn der Alte
mich hinauslaſſen wolle; allein meine Augen
blieben auf ein goldnes Gitter gerichtet,
welches die Mitte dieſes wunderbaren Gar¬
tens zu umzaͤunen ſchien, und das ich auf
unſerm Gange hinlaͤnglich zu beobachten Gele¬
genheit fand, ob mich der Alte gleich immer
an der Mauer und alſo ziemlich entfernt
von der Mitte zu halten wußte. Als er nun
eben auf das Pfoͤrtchen los ging, ſagte ich
zu ihm, mit einer Verbeugung: Ihr ſeyd ſo
aͤußerſt gefaͤllig gegen mich geweſen, daß ich
wohl noch eine Bitte wagen moͤchte, ehe ich
von Euch ſcheide. Duͤrfte ich nicht jenes
goldne Gitter naͤher beſehen, das in einem
ſehr weiten Kreiſe das Innere des Gartens
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/130>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.