Goethe, Johann Wolfgang von: Iphigenie auf Tauris. Leipzig, 1787.Iphigenie auf Tauris Orest, der wieder zu ihr tritt. Rufst du die Götter an für dich und Pylades, So nenne meinen Nahmen nicht mit euerm. Du rettest den Verbrecher nicht zu dem Du dich gesell'st, und theilest Fluch und Noth. Iphigenie. Mein Schicksal ist an deines fest gebunden. Orest. Mit nichten! Laß allein und unbegleitet Mich zu den Todten gehn. Verhülltest du In deinen Schleyer selbst den Schuldigen; Du birgst ihn nicht vorm Blick der immer Wachen, Und deine Gegenwart, du Himmlische, Drängt sie nur seitwärts und verscheucht sie nicht. Sie dürfen mit den ehrnen frechen Füßen Des heil'gen Waldes Boden nicht betreten; Doch hör' ich aus der Ferne hier und da Ihr gräßliches Gelächter. Wölfe harren So um den Baum, auf den ein Reisender Iphigenie auf Tauris Oreſt, der wieder zu ihr tritt. Rufſt du die Götter an für dich und Pylades, So nenne meinen Nahmen nicht mit euerm. Du retteſt den Verbrecher nicht zu dem Du dich geſell’ſt, und theileſt Fluch und Noth. Iphigenie. Mein Schickſal iſt an deines feſt gebunden. Oreſt. Mit nichten! Laß allein und unbegleitet Mich zu den Todten gehn. Verhüllteſt du In deinen Schleyer ſelbſt den Schuldigen; Du birgſt ihn nicht vorm Blick der immer Wachen, Und deine Gegenwart, du Himmliſche, Drängt ſie nur ſeitwärts und verſcheucht ſie nicht. Sie dürfen mit den ehrnen frechen Füßen Des heil’gen Waldes Boden nicht betreten; Doch hör’ ich aus der Ferne hier und da Ihr gräßliches Gelächter. Wölfe harren So um den Baum, auf den ein Reiſender <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0077" n="68"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#g">Iphigenie auf Tauris</hi> </fw><lb/> <sp who="#ORE"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Oreſt,</hi> </hi> </speaker> <stage>der wieder zu ihr tritt.</stage><lb/> <p>Rufſt du die Götter an für dich und Pylades,<lb/> So nenne meinen Nahmen nicht mit euerm.<lb/> Du retteſt den Verbrecher nicht zu dem<lb/> Du dich geſell’ſt, und theileſt Fluch und Noth.</p> </sp><lb/> <sp who="#IPH"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Iphigenie.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Mein Schickſal iſt an deines feſt gebunden.</p> </sp><lb/> <sp who="#ORE"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Oreſt.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Mit nichten! Laß allein und unbegleitet<lb/> Mich zu den Todten gehn. Verhüllteſt du<lb/> In deinen Schleyer ſelbſt den Schuldigen;<lb/> Du birgſt ihn nicht vorm Blick der immer<lb/> Wachen,<lb/> Und deine Gegenwart, du Himmliſche,<lb/> Drängt ſie nur ſeitwärts und verſcheucht ſie<lb/> nicht.<lb/> Sie dürfen mit den ehrnen frechen Füßen<lb/> Des heil’gen Waldes Boden nicht betreten;<lb/> Doch hör’ ich aus der Ferne hier und da<lb/> Ihr gräßliches Gelächter. Wölfe harren<lb/> So um den Baum, auf den ein Reiſender<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [68/0077]
Iphigenie auf Tauris
Oreſt, der wieder zu ihr tritt.
Rufſt du die Götter an für dich und Pylades,
So nenne meinen Nahmen nicht mit euerm.
Du retteſt den Verbrecher nicht zu dem
Du dich geſell’ſt, und theileſt Fluch und Noth.
Iphigenie.
Mein Schickſal iſt an deines feſt gebunden.
Oreſt.
Mit nichten! Laß allein und unbegleitet
Mich zu den Todten gehn. Verhüllteſt du
In deinen Schleyer ſelbſt den Schuldigen;
Du birgſt ihn nicht vorm Blick der immer
Wachen,
Und deine Gegenwart, du Himmliſche,
Drängt ſie nur ſeitwärts und verſcheucht ſie
nicht.
Sie dürfen mit den ehrnen frechen Füßen
Des heil’gen Waldes Boden nicht betreten;
Doch hör’ ich aus der Ferne hier und da
Ihr gräßliches Gelächter. Wölfe harren
So um den Baum, auf den ein Reiſender
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Iphigenie auf Tauris. Leipzig, 1787, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_iphigenie_1787/77>, abgerufen am 07.07.2024. |