Goethe, Johann Wolfgang von: Iphigenie auf Tauris. Leipzig, 1787.Ein Schauspiel. Iphigenie. Und wie beleidigte der König sie? Pylades. Mit schwerer That, die, wenn Entschuldigung Des Mordes wäre, sie entschuldigte. Nach Aulis lockt' er sie und brachte dort, Als eine Gottheit sich der Griechen Fahrt Mit ungestümen Winden widersetzte, Die ältste Tochter Iphigenien Vor den Altar Dianens, und sie fiel Ein blutig Opfer für der Griechen Heil. Dieß, sagt man, hat ihr einen Widerwillen So tief in's Herz geprägt, daß sie dem Werben Ägisthens sich ergab und den Gemahl Mit Netzen des Verderbens selbst umschlang. Iphigenie sich verhüllend. Es ist genug. Du wirst mich wiedersehn. Pylades allein. Von dem Geschick des Königs-Hauses scheint Sie tief gerührt. Wer sie auch immer sey, Ein Schauſpiel. Iphigenie. Und wie beleidigte der König ſie? Pylades. Mit ſchwerer That, die, wenn Entſchuldigung Des Mordes wäre, ſie entſchuldigte. Nach Aulis lockt’ er ſie und brachte dort, Als eine Gottheit ſich der Griechen Fahrt Mit ungeſtümen Winden widerſetzte, Die ältſte Tochter Iphigenien Vor den Altar Dianens, und ſie fiel Ein blutig Opfer für der Griechen Heil. Dieß, ſagt man, hat ihr einen Widerwillen So tief in’s Herz geprägt, daß ſie dem Werben Ägiſthens ſich ergab und den Gemahl Mit Netzen des Verderbens ſelbſt umſchlang. Iphigenie ſich verhüllend. Es iſt genug. Du wirſt mich wiederſehn. Pylades allein. Von dem Geſchick des Königs-Hauſes ſcheint Sie tief gerührt. Wer ſie auch immer ſey, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0064" n="55"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ein Schauſpiel</hi>.</fw><lb/> <sp who="#IPH"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Iphigenie</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Und wie beleidigte der König ſie?</p> </sp><lb/> <sp who="#PYL"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Pylades</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Mit ſchwerer That, die, wenn Entſchuldigung<lb/> Des Mordes wäre, ſie entſchuldigte.<lb/> Nach Aulis lockt’ er ſie und brachte dort,<lb/> Als eine Gottheit ſich der Griechen Fahrt<lb/> Mit ungeſtümen Winden widerſetzte,<lb/> Die ältſte Tochter Iphigenien<lb/> Vor den Altar Dianens, und ſie fiel<lb/> Ein blutig Opfer für der Griechen Heil.<lb/> Dieß, ſagt man, hat ihr einen Widerwillen<lb/> So tief in’s Herz geprägt, daß ſie dem Werben<lb/> Ägiſthens ſich ergab und den Gemahl<lb/> Mit Netzen des Verderbens ſelbſt umſchlang.</p> </sp><lb/> <sp who="#IPH"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Iphigenie</hi> </hi> </speaker> <stage>ſich verhüllend.</stage><lb/> <p>Es iſt genug. Du wirſt mich wiederſehn.</p> </sp><lb/> <sp who="#PYL"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Pylades</hi> </hi> </speaker> <stage>allein.</stage><lb/> <p>Von dem Geſchick des Königs-Hauſes ſcheint<lb/> Sie tief gerührt. Wer ſie auch immer ſey,<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [55/0064]
Ein Schauſpiel.
Iphigenie.
Und wie beleidigte der König ſie?
Pylades.
Mit ſchwerer That, die, wenn Entſchuldigung
Des Mordes wäre, ſie entſchuldigte.
Nach Aulis lockt’ er ſie und brachte dort,
Als eine Gottheit ſich der Griechen Fahrt
Mit ungeſtümen Winden widerſetzte,
Die ältſte Tochter Iphigenien
Vor den Altar Dianens, und ſie fiel
Ein blutig Opfer für der Griechen Heil.
Dieß, ſagt man, hat ihr einen Widerwillen
So tief in’s Herz geprägt, daß ſie dem Werben
Ägiſthens ſich ergab und den Gemahl
Mit Netzen des Verderbens ſelbſt umſchlang.
Iphigenie ſich verhüllend.
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Iphigenie auf Tauris. Leipzig, 1787, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_iphigenie_1787/64>, abgerufen am 07.07.2024. |